Mittwoch, 25. Oktober 2006

Fluch des Neischnbüldünk

Also Herrschaftszeiten ist das wieder grob unappetitlich, wie Medienvertreter und Politikerpöbel über die wackeren Vaterlandsverteidiger unserer Freiheit am Hindukusch herziehen. Tag und Nacht – schlaflos allezeit bereit – jagen sie Top-Terror-Talliban-Terroristen und in den knapp bemessenen übrigen Stunden stellen mutige Pioniere Zigarettenautomaten auf, besuchen Bordelle und mauern Fußballplätze mit einem Wort: machen unentwegt Nation-building [neischnbüldünk]. Ach ja: Und foltern noch ein wenig ziellos umherirrende Landleute wenn deren Bart zu lang ist und machen überhaupt nur Edles und Gutes. Und wenn sich unsere Jungs dann so am Vorabend von Haloween mal beim Totenkopf-Völkerball ein bisserl entspannen wollen, dann fallen gleich alle über sie her und wetteifern um noch geschmacklosere Vokabeln zur Vorverurteilung.

‚Haben Sie überhaupt gedient?’, möchte man aus dem doppelt-gefederten Fernsehsessel unentwegt den Nörglern entgegenbrüllen, aber nur die Nachbarn hören mich. Herrschaftszeiten, das ist halt der Krieg, also das Enduring Freedom zu dem wir aufgebrochen sind allesamt wir. So ist das in der blutigen Realität. Was waren wir froh früher damals, wenn wir saubere Schädel zum Spielen hatten! Von geistiger Überforderung unserer Befreier darf – ausgerechnet – ein wohlgenährter Militärgeistlicher im zu engen Jackett öffentlich-rechtlich schwadronieren. Auch andere minder Prominente fordern eingehende Untersuchungen, warum sich unsere Steuergelder-qualifizierten Totschläger mit Leichenfledderei beschäftigen statt wie amerikanische und englische Kollegen durch ordentliche Folterszenen zu punkten wie nur wirklich Ungläubige sie inszenieren können um endlich ihr Kuschel-Image abzustreifen. Neischnbüldünk schön und gut – das könnten wir hier eigentlich auch recht gut gebrauchen. Aber kruzitürken in diesem Afghanistan, an der Freiheitsfront, da sind einfach die alten Landser-Qualitäten gefragt: Ordentlich, zackig, sauber und deutsch! Nicht dass wir am Ende auch am Hindukusch wieder den Kürzeren ziehen und schon wieder pfeilgerade unterwegs sind zum dritten Platz?

Nicht auszudenken wenn sich am Ende herausstellen sollte, dass die Fotos nur die Proben unserer Neischnbülda zur Uraufführung von Hamlet waren: „To be or nato be – this isch hier de qweschtschn“. Zurück ins Reich! Zurück das ganze Pack und in die zahllosen Rommelkasernen bei täglich Erbseneintopf eingesperrt, Stubenarrest für alle und den depperten Sönke-Wortmann-Film als Endlosschleife angucken müssen bis sie jammern, die Neischnbülda, die!

Komm raus!



[Buster: Als ich heute einmal rauskam um zu prüfen obs den Rhein noch gibt, 2006]

Komm raus aus deiner Eber-Einzelbucht,
aus deiner Ludergrube.
Komm raus aus deiner kaskoversicherten Dunkelkammer!
Auch dein Innenleben
findet öfter statt, merk ich grade –
(Komm raus aus deinem Farbbandkäfig)
Im Prinzip – ja? – P r i n z i p
sind doch längst alle Schleusen geöffnet, Gitter gefallen ...

Immer noch vierlerlei Lichter hier, wo sich
keine Anzeigenseite dazwischenschiebt,
keine Helium-Annonce –:
D I E S O N N E
unverwandt, mit angezogenen Strahlen –
(Komm raus aus deinem Leichen-Entsafter)
Vor dir das Meer und hinter dir
die Waschmaschine ...
(aus deinem Metzelwerk, aus deinem Familien-Gefrierfach)
Hier nichts gewollt zu haben,
ist soviel wie verspielt, das weißt du, oder?

Heda, eingerahmtes Tier, du kriegst
den Kopf wohl gar nicht mehr raus aus dieser Pate, laß sehn!
Unbeugsam reflektierst du dich
an der Schreibtischkante –
(eisern nach innen blickend, ein Vesuv mit geschlossenen Augen)
Komm raus aus deinem handversiegelten Hockergrab!
A u c h K u l t u r
ist nur eine unmaßgebliche Schutzbehauptung.

Eine Schlacht im Sitzen gewinnen:
s c h ö n w ä r `s !
Und schön der Gedankeda wer sich nicht rührt,
hat wenigstens Anspruch auf Schicksal – Aus deiner Tropfsteintruhe!
Komm raus aus deinem Todeskoben, überleg dir das Leben:
Die Morgenschiffe rauschen schon an –
Ein Tag aus Gold und Grau:
willst du mit rein? –

[Peter Rühmkorf : Komm raus!]

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