Mittwoch, 21. Februar 2007

Leben ohne Elferrat

„Lassen Sie uns einmal allein sein, ohne Bücher, und wir werden sofort in Verwirrung geraten und ratlos sein und nicht wissen, wo wir uns anschließen und was wir festhalten sollen, was wir lieben und hassen, verehren und verachten sollen.“
[F. M. Dostojewskij: Aufzeichnungen aus dem Untergrund, 1864]

So, ich will doch sehr hoffen, dass nun alle ihr Aschekreuz ordentlich zur Schau stellen heute beim Teetrinken. Und wo es keine alten Palmwedel zum verbrennen gibt, tut es sicher auch die Asche aus den Papierschlagen und dem Konfetti. Der Herr GOTT wird da schon nicht Päpstlicher sein als der Ratzi. Ansonsten bitte ich noch darum auf das Halleluja und Gloria in den Kommentaren zu meinen einzigartig-vielgerühmten Beiträgen zu verzichten und möchte daran erinnern, dass es überaus gottgefällig ist, in der Fastenzeit rechtschaffen demütig zu sein, laut und öffentlich zu büssen, sich zu geißeln und „gute Werke“ zu verrichten. Falls Sie also öffentlich Fehltritte gestehen wollen, soll dies der richtige Platz sein und wenn noch Verwirrung darüber besteht, was heutzutage denn „gute Werke“ sind, fragen Sie Ihren Blockgeistlichen zuständigen Stellvertreter vom Herr GOTT auf diesem Planeten, den Edi Stoiber oder den Ethikbeauftragten des Einzelhandels.

Nachdem die „Mir alle sin Kölle“-Zeit unwiderbringlich perdu ist und nur noch Punkte in Flensburg wehmütig an diese schönste Jahreszeit erinnern, lärmt die Herz Jesu Kirche heute sehr aufdringlich-geschäftig zum Schreibtisch her. Ein Gebäude, dem Mensch von weitem ansieht, dass es hier etwas zu verteidigen gilt. Schmale Schiessscharten in einer abweisen Fassade bilden ein Bollwerk gegen die Ungläubigen, die Manifestation eines Steingewordenen Herzens. Dort jedenfalls findet nun an jedem Fastensonntag eine Predigtreihe zum Thema „Verwirrte Welt“ statt, die „von einer künstlerischen Verhüllungsinstallation begleitet werden“ wird, darüber hinaus werden die Messfeiern „in besonderer Weise musikalisch gestaltet“ [Quelle].

Nun ist der Herr GOTT ja bekanntlich persönlich verantwortlich für die Verwirrung der Sprachen und wird schon allein deshalb von Goethe-Instituten und allen Fremdsprachenlehrer über alle Massen verehrt. Aber geht es nicht doch ein bisserl zu weit, wenn Pfarrer Dr. Wolfgang P. die Irritation Irritierter und die Verwirrung Verwirrter durch „künstlerische Verhüllungsinstallationen“ verantwortungs- wie hemmungslos vorantreibt? Gilt hier womöglich nur, dass wer nicht überzeugen kann, wenigstens Verwirrung stiften sollte indem er in „besonderer Weise musikalisch gestaltet“? Was da wohl verhüllt werden wird in dieser fleischfernen Zeit? Wird am Ende gar ein lehrreiches Potpourri aus Bachchoral und Tokio Hotel gegeben wie ich es die Tage wenn schon nicht empfahl so doch anregte? Und wer alle Sünden in der richtigen Reihenfolge kennt, kommt in die Endausscheidung von Deutschland sucht den Superchrist?

Klar nennen wir mit Marcel Proust jene Gedanken, die „dasselbe Maß an Verwirrung haben wie unser eigener Geist“. Wenn ich jedoch von meinen Wirklichkeiten schreiben wollte, bräuchte ich Worte, die nur weitere Verwirrung erzeugten. Sollte ich nun also eine solche angerichtet, verursacht, erregt oder hervorgebracht haben, Sie in Verwirrung gebracht, gestürzt, gesetzt oder versetzt haben, Verwirrung entstanden oder ausgebrochen sein und nun herrschen, Sie mithin in Verwirrung geraten sein und sich nun in Verwirrung befinden, verhüllen Sie einfach mal was die Tage und lassen sich dabei in besonderer Weise musikalisch begleiten und für die ganz Unverbesserlichen wird die „ Predigtreihe später als CD erhältlich sein“ [ebd.] was freilich der „künstlerischen Verhüllungsinstallation“ so gar nicht gerecht werden will.

„dann was kan besser seyn, als weit von aller lust,
die vnser fleisch gebiert, jhm gantz sein wol bewust,
vnd den verwirrungen desz hertzens nicht verhengen“
[M. Opitz: Teutsche Poemata, 1624]

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