Mittwoch, 17. September 2008

Sachdienliche Hinweise

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Für Lyriker: Den besten Limerick in ganz Limerick kennt Colm Tucker der sich sehr gefreut hat, dass ich ihn und nicht etwa das fotografiert habe, was gewöhnlich von den zahllosen Zugereisten und Dahergelaufenen ins Visier genommen wird: Keine sieben Meter vor seinem Wohnzimmerfenster erheben sich wuchtig die beiden Wehrtürme von King Johns Castle, sein Haus um das Vierfache überragend. Er nötigt mich auf ein Tässchen hereinzukommen weil es sehr zu regnen anfängt und auch weil er dringend wissen will, wer da mehr Interesse an ihm hat als am Frühmittelalter. Gefragt, wie das denn so sei, im Schatten von Könix zu leben, grinst er erst verschmitzt um dann verhalten zu stöhnen, dass schon ziemlich was los sei so tagsüber, aber abends sei es dagegen ausnehmend ruhig (und schenkt noch genüsslich Tee nach) der Nachbar sei ja schließlich schon bald 800 Jahre tot, da mache man nicht mehr so viel Lärm. Und dann hat er mir zum Abschied noch seinen schönsten Limerick erzählt und obwohl der ganz wunderschön war, habe ich Trunkenbold den anderntags nicht mehr zusammenbekommen. Wer also demnächst dort vorbeikommt, frage bitte in der Castle Street No.7 bei Colm noch mal nach und richte Grüße aus.

Für Projektleiter: Keine.

Für Arrivierte: Schönheitssalonbesitzer sollten ihr Etablissement bitte nicht „Beyond Belief“ nennen, das riecht ja geradezu nach Zentimeterdicker Tünche, Neppern Schleppern, Bauernfängern; Bierbrauer ihr Produkt nicht mit „It’s alive inside“ bewerben, wenn sie auch die Vegetarier zu ihren künftigen Kunden zählen wollen; Buchhändler noch mal ordentlich drüber nachdenken, ob die Buchkategorie „chick fiction“ ein eigenes Regal wert ist und Dienstleister, ob sie mit „always going an extra mile“ nicht am Ende sehr Nachteiliges über ihre institutionelle Intelligenz ausdrücken.

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Für Künstler: Insbesondere solche, die endlich verkaufen wollen oder nach neuen Vertriebskanälen suchen, kann das Konzept des Limerick Arts Festivals sicher hilfreicher Quell der Inspiration sein. Maler, Bildhauer und Zeichner stellen derzeit in den Schaufenstern zahlreicher Einzelhandelsgeschäfte aus: Zwischen Unterwäsche, Haarspray und Lebensmitteln finden sich Werke zur gefälligen Betrachtung wie auch zum Verkauf arrangiert. Bei Micheal O’Laughlin der sich selbst bei den „Old World Master Butchers“ verortet, wird Kunst ganz nach seinem Sujet präsentiert und man kann nun wählen zwischen Lammhaxe, Clonakilly Pudding und Oil on Canvas (Mana Levitees: “Blue Remembered Hills”, Gaffie Mountains, 300 €).

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Für (Krimi-/Drehbuch)Autoren: Die perfekte Location für einen sauber inszenierten Mord ist ganz fraglos der Potato Market, ein schlecht beleuchteter, mit zahlreichen Nischen versehener und direkt am Shannon gelegener Parklatz. Der – natürlich – gedrungene, schwarzgekleidete Mörder schleicht sich, vom St. Georges Quai kommend an das Opfer heran, zückt ein Messer (doch, doch: In Irland macht man so was besser noch ganz traditionell) und sticht unter dem Schild „Pay and Display“ dreimal kraftvoll zu. Die Leiche wirft der ganz und gar Skrupellose natürlich gefühllos wahlweise über das weiße Geländer der Fußgängerbrücke oder das blaue Geländer des Erkers in den Shannon, sie wird zwei Tage später von einem frisch geschiedenen Banker und Hobbysegler aus Ulster wieder herausgeangelt werden, der sich keine Woche später solchermaßen traumatisiert mit einem grade mal acht Pfund schweren Klappanker um den Hals unrasiert bei Killarny im Upper Lake ertränken wird. Die Leiche wird dank einer Arschgeweih-Tätowierung, die sie sich bei Toms Tattoos vor knapp einem Monat in der Upper William Street hat anfertigen lassen, als Theresa O., die Halbschwester des Besitzers des Gemischtwarenladens ‚Polski Smak’ in der Parnell Street identifiziert werden. Ian, der Aushilfskellner im Portleys in der Broad Street wusste zuviel, weil er just zu dem Zeitpunkt als der – natürlich – gedrungene Mörder über den halbdunklen Friedhof der St. Mary’s Cathedral flieht, aus dem Kirchenportal tritt wo er für sein viel zu früh verstorbenes Mütterchen eine Kerze zu zwei Euro entzündet hat und lebt keine zwei Tage mehr. Seine selbstredend grausam zerstümmelte Leiche und die blutbesudelte aber fingerabdruckslose Mordwaffe findet der Gewohnheitstrinker Kurt B. im Morgengrauen an einem Donnerstag vor dem Milk Market. Beim Versuch das mit Elfenbein verzierte Mordwerkzeug zu versilbern, wird er von der ‚Garda’ aufgegriffen und verstirbt aus ungeklärten Gründen in der Ausnüchterungszelle. Viele Spuren werden zu Joe Mc Kenna führen, der ehemalige Freund und zwielichtiger Gebrauchtwagenhändler in dessen Lager beim Bahnhof immer wieder seltsame Geschäfte stattfinden sollen. Von Steuerbetrug im großen europäischen Rahmen wird gemunkelt aber selbstredend kann keiner etwas beweisen bis dieser Mord geschieht.
Das sollte doch, Herrschaften, jemandem ein paar Euros wert sein, ist doch schließlich alles haarklein und blitzsauber recherchiert. Zur Not könnte man auch irgendsoeinen unsäglichen Tatort draus machen und der Bienzle ist im Urlaub mit seiner Frau oder wem auch immer (ich bin da nun wirklich nicht parkettsicher) und die logieren im Railway Hotel grad gegenüber vom Bahnhof und der Bienzle sitzt in der Plüschroten Hotelbar und seine Frau oder wer auch immer hat ständig Wanderschuhe an und dazu rote Socken und ist schon ganz hibbelig, weil’s immer noch nicht zum wandern geht und der Bienzle den Fall wie der Leibhaftige im Alleingang in der Bar löst noch bevor die ‚Garda’ auch nur einmal um die Ecke gedacht hat.
Der Fall löst sich ja eigentlich und genau genommen von selbst weil der Gebrauchtwagenhändler unter dem Ermittlungsdruck die Nerven verliert, den Gemischtwarenhändler und ehemaligen Halbbruder zur Rede stellt (der, so erfahren wir ganz en passant und sehr erwartungskonform Betrügerkumpan ist) und mit dem Messer bedroht und dann gibt es ein so ganz und gar gestelltes und getürktes Gerangel wie man es wenn überhaupt nur im öffentlich rechtlichen Fernsehen erleben kann und am Ende ist der Gebrauchtwagenhändler tot und es soll auch noch Notwehr gewesen sein. „Der Mörder hat sich selbst gerichtet“ wird man den sich bitter irrenden Bienzle in der vorletzten Szene sagen hören bevor er mit seiner Frau oder wem auch immer zum Wandern aufbricht nicht ohne vorher zur Stärkung noch ein Glas Beamish getrunken zu haben und dann, in der allerletzten Szene werden wir in einer Beichte vom selbstredend bislang völlig unverdächtigen Brendan Foley, dem Pfarrer der St. Mary’s Cathedral zu hören bekommen, dass er die abgrundtiefreligöse und ihm hörige Theresa O. während des Bibelunterrichtes schwängerte und, um die Schande zu vertuschen, tötete ohne Reue und wenn sie nicht gestorben sind wandert ienzle noch heute und Brendan Foley gibt weiterhin Bibelunterricht grad so als obs keine Gerechtigkeit gäbe heutzutage.

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wow..
..echt "hot" diese Sonnenblumen.. seit langem die beste...
jump - 6. Sep, 11:53
Danke
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huflaikhan - 28. Aug, 08:25
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huflaikhan - 26. Dez, 16:15
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jump - 17. Dez, 19:18
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BusterG - 17. Dez, 00:26
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BusterG - 17. Dez, 00:24
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BusterG - 17. Dez, 00:23
Danke
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BusterG - 17. Dez, 00:21
Natürlich ist das ...
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BusterG - 17. Dez, 00:21

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