Ce qu'il faut – faut

Salembier.
Ein Beitrag zur Geschichte der Stile.
(.Aus der Mappe eines Kunstschreibers.)

Es war am 17. November 1774, als der noch jugendliche, aber bereits vergötterte Künstler Salembier in seinem Pariser Atelier aufgeregt auf und ab schritt. Man befand sich in jener Stilepoche des Rokoko, wo bekanntlich die Schnupftabaksdose das Vorbild für die Hausfassade zu werden anfing. Gesuchtester Verfertiger von Schnupftabaksdosen aber war augenblicklich besagter Salembier und seine oben erwähnte Aufregung rührte von einem Auftrage her, den ihm der neue Monarch, Ludwig der Sechzehnte, durch seinen Oberhofmarschall soeben hatte übermitteln lassen. Es handelte sich um eine Dose von ungewöhnlichen Dimensionen, die dementsprechend auch eine ungewöhnliche Verzierung erhalten sollte. Der Oberhofmarschall wagte einige Vorschläge, nur ganz zaghaft, da der verwöhnte Künstler als schroff und abweisend bekannt war. »Wie wäre es mit › Empire,‹ lieber Meister?« Salembier warf ihm einen mißbilligenden Blick zu. »Viel zu frühe!« – »Oder › Louis Seize‹?« – »Hm, das ließe sich erwägen!« – Das Resultat von Salembiers Erwägungen war eine Anzeige, die am Tage danach in den angesehensten Pariser Blättern erschien und folgendermaßen lautete:
    Allen meinen Freunden und Kunden zur Nachricht, daß ich nächsten Montag den Louis-Seize-Stil beginnen werde. Bestellungen auf Rokoko können nur noch bis Sonnabend effektuiert werden. Salembier, Artiste.
Die Annonce machte Sensation. Mit ihr war faktisch die »große Revolution« auf dem Stilgebiete eingeleitet. Der Verlauf derselben ist bekannt.
Als im Jahre 1804 der Konsul Bonaparte den Plan faßte, sich am 18. Mai zum Kaiser krönen zu lassen, verfehlte er nicht, den Abend vorher bei Salembier vorzusprechen und diesen von seiner Absicht in Kenntnis zu setzen. »Ich vermute,« bemerkte er leutselig, »daß es Ihnen nicht ganz apropos kommen wird, lieber Meister. Aber es läßt sich leider nicht verschieben.« Salembier verneigte sich fest, aber tief. »In der Tat, Sire, kommt es mir etwas schnell auf den Hals. Aber was muß, das muß (»Ce qu'il faut – faut.«) Tags darauf erschien im Moniteur jene seitdem der Geschichte angehörige Erklärung:
    Infolge von hier nicht näher zu erörternden Gründen fängt der Empire-Stil schon am nächsten Mittwoch an. Um das Lager zu räumen, stelle ich von heute an Louis-Seize-Artikel zu Zweidrittel des Preises zur Verfügung. Salembier, Artiste.
Ein nochmaliger Stilwechsel sollte dem Künstler erspart bleiben. Er starb am 27. Januar 1812. Als der eines der einflußreichsten Stilisten wird sein Name in der Kunstgeschichte immer genannt werden.

[Georg Bötticher: Allerlei Schnick-Schnack]

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