Früher war bekanntlich …

Früher war bekanntlich … ähem ich gelobe jetzt mal wirklich auf Unworte wie „früher“ oder gar „bekanntlich“ zu verzichten; also ich vermeide jetzt mal das drohend-schwermütige „nie“ aber sagen wir mal ich gelobe, sagen wir mal feierlich, diese Worte höchsten zu denken, heimlich also, aber nicht zu schreiben also was sage ich: Ich bemühe mich rechtschaffen jetzt, wirklich.

Jedenfalls war - äh - vor einiger Zeit vieles einfacher: Ich stapelte unnütze Bücher in einen Umzugskarton, brachte den Karton wenn er halbwegs voll war zu einem Antiquar meines Vertrauens und schaute anderntags bei ihm vorbei und wir feilschten etwas um den Preis um dennoch schnell handelseinig zu werden. Wenn es gut ging, legte ich das verdiente Geld gleich wieder in Bücher an und wenn es besser ging, vertrank ich das Geld mit dem Antiquar in irgendeiner Kneipe umme Ecke. Jedenfalls ein Akt von keinen zwei Stunden um sich eines ganzen Kartons Bücher zu entledigen.

Mit dem Aufkommen der Menschheitsgeisel eBay verbietet sich solches Vorgehen aus Gründen der Profitmaximierung natürlich und auch weil händeringend positive Bewertungen für den Sozialstatus notwendig sind. Ich zum Beispiel habe nur einen gelben Stern und grade mal läppische 43 Bewertungen und bin das Gespött jeder Small-Talk-Runde sobald die Sprache auf das Thema „eBay“ kommt und natürlich kommt dieses Thema so sicher wie in einem Bahnhof hin und wieder ein Zug einfährt (wenn nicht grade irgendwelche Menschenlose Koffer rumstehen zumindest). Manche erdreisten sich sogar zu behaupten, dass sie an dem ganzen Verschacherfirlefanz Gefallen finden – ich sah doch tatsächlich neulich eine Bekanntschaftsanzeige in der als Hobby „eBay-en“ angegeben war. Nunja, gut dass ich derlei nicht lese. Ich doch nicht.

Jedenfalls türmen sich derzeit auf meinem Schreibtisch 82 Bücher von denen ich soeben eines bei eBay eingestellt habe. Ein Buch übrigens, das ich noch nie vorher bei mir gesehen, geschweige denn gelesen habe noch weis, wie es überhaupt in meinen Besitz gekommen ist. Kurzrecherche, Fotografieren, ein Textchen verfassen mit dreister Lobhudelei und das ganze in die umständlichen Formulare einpflegen ergab dabei einem Aufwand von unglaublichen 25 Minuten. Einmal vorausgesetzt, dass sich künftig Rationalisierungseffekte einstellen werden und das ganze pro Buch nur noch 18 Minuten dauert, bedeutet dies ein Aufwand von 24 Stunden und 18 Minuten für den Bücherturm.

Weiter vorausgesetzt, dass sagen wir mal 60% der Bücher einen Deppen Käufer finden, ergeben sich durch Kontoprüfung, Kommunikation, Beschaffen von Versandmaterial und Versand bei der Annahme von 13 Minuten pro Buch nochmals zehn Stunden und 50 Minuten macht insgesamt 35 Stunden und acht Minuten. Eine ABM-Kraft könnte zwei Monate in Lohn und Brot gesetzt werden aber ich schwanke jetzt nur noch, ob ich ein neues Regal erstehen soll oder - was wahrscheinlicher ist - den Turm in einen Karton stapeln und morgen das ganze zu einem Antiquar meines Vertrauens bringe und das Geld sofort schräg gegenüber in der Eckkneipe meines Vertrauens gewinnbringend anlege. Soll mich doch bewerten wer will. Hab ich doch nicht nötig …
huflaikhan - 27. Aug, 20:08

Also, da will ich mal zu allem "Ja!" sagen. Bei mir war es so, nachdem mir mal wer gezeigt hat, dass es eBay gibt. Und ich sah mich um, so wegen Tonbandgerät. Habe mich dann angemeldet und ca. 2 mal irgendwo mitgeboten. Das wars dann.

Jetzt habe ich den Text für meine Abstinenz. Leider, das muss man sagen, ist die Antiquariats-Dichte, wo ich wohne, mickrig. Meine Antiquariatsbesuche früher waren legendär. Meistens eine Sache von mehreren Stunden. Das fehlt mir.

Und von mir bekommst du schon gleich keinen gelben Stern.

BusterG - 27. Aug, 21:11

Leider wahr, die Antiquariate sterben weg. In einer Studenten- und veralteten Beamtenstadt wie Bonn etwas langsamer aber dennoch auch hier deutlich zu sehen.
Und das mit den gelben Sternen ist sehr geschmacklos.

Frau Schnatterliese - 28. Aug, 07:50

ich bin der festen überzeugung, dass sich die welt in ih-baier und nicht-ih-baier unterteilen lässt. generell und grundsätzlich.

ich bin mit einem nicknamen versorgt und habe (einzigartig irgendwie) nie mein password vergessen. aber ich bin eigentlich nicht-ih-baier. einmal erstand ich ein teil; aber warum auch immer, ich habe fünf (5!!!!!) superpositive bewertungen zu dingen, mit denen ich nichts (NICHTS) zutun habe.

seit jahren bringe ich meinen krempel zu oxfam.

BusterG - 28. Aug, 10:57

Sowas von ungerecht ist das mit dem Leben, Frau Schnatterliese. Viele, die danach lechzen, bekommen keine Bewertung und Sie gleich fünf. Kann Mensch mal sehen …

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