Ich fühle mich als Deutscher, ich bin Deutscher

„Ich fühle mich als Deutscher, ich bin Deutscher, ich kann nicht aus meiner Haut heraus. Aber ich bin nicht verantwortlich für Hitlers Verbrechen und für den Chauvinismus vergangener Zeiten. Und die jungen, heimkehrenden Soldaten sind es ebensowenig, ganz gleich, ob sie an den Nationalsozialismus geglaubt haben oder nicht. Ich bin auch nicht bereit, die imperialistischen Ansprüche der Siegermächte kritiklos hinzunehmen. Wir schreiben weiter.”

schreibt Geburtstagkind Hans Werner Richter 1947 in der von ihm gemeinsam mit Alfred Andersch herausgegebenen Zeitschrift „Der Ruf” Nummer 16. Die Zeitschrift „Der Ruf” hatte bereits mehr als 100.000 Leser und bekannte sich nicht zur Kollektivschuld, stand den Maßnahmen der Militärregierung kritisch gegenüber, grenzte sich von der politischen Linie der Alliierten ab, auch vom orthodoxen Marxismus.

Die Amerikaner genehmigten die Nummer 17 vom April 1947 wegen "Nihilismus" nicht mehr und Andersch und Richter verloren die Lizenz.

„Mitten in der härtesten Besatzungsdiktatur und unmittelbar nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands erhoben hier junge Deutsche ihre Stimme und forderten Gerechtigkeit und Wahrheit und Freiheit. Sie machten das allgemeine heuchlerische Phrasengedresch von Umerziehung und Besatzungsdemokratie nicht mit und verlangten mit Nachdruck (wobei sie keine publizistischen Glacehandschuhe anzogen) nicht nur Gedanken-, sondern auch Bewegungsfreiheit. Sie brandmarkten die Politik der Sieger als vorgestrig, als kolonialistisch und als menschenunwürdig, kurz: als uneuropäisch. Zugleich aber erteilten sie, um allen Mißverständnissen vorzubeugen, den Revisionisten unter ihren Landsleuten ebenso deutliche Abfuhren. (…) Die Entlassung der Herausgeber im März des Jahres 1947 ist ein wichtiger Einschnitt in der deutschen Nachkriegspublizistik. Die entschlossensten Schreiber verloren ihr Sprachrohr, ihre Stimme verlor an Kraft.“
[Hans A. Neunzig: Lesebuch der Gruppe 47, 1997]

Gruppe47

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