Von den Träumen (II)
Lorenz Cotter besaß ein kleines Gut in der Gegend von dem See Gur und gedieh dabei, denn er war ein guter, fleißiger Mann, der bis an seinen Tod still und ruhig darauf gelebt haben würde, wenn ihn nicht ein Unglück betroffen hätte, von dem ihr sogleich hören sollt. Nah am Wasser gehörte ihm ein feines Stück Wiesenland, wie man es sich nicht besser wünschen kann, um dessen Ertrag er aber schmählich gebracht wurde und niemand konnte sagen, durch wen. Ein Jahr um das andere fand es sich immer auf dieselbe Weise zu Grund gerichtet. Die Einfriedigung war im gehörigen Stand und kein Grenzstein verrückt; des Nachbars Vieh konnte keinen Schaden gestiftet haben, denn es war gekoppelt; aber wie es nun geschehen mochte, das Gras auf der Wiese wurde zu großem Verluste Lorenz völlig verdorben.
»Was in der weiten Welt soll ich nur anfangen?« sagte Lorenz Cotter zu Thomas Welch, seinem Nachbar, einem ehrsamen Mann: »Das bißchen Wiese, wofür ich schwere Abgaben entrichten muß, bringt mir so viel wie nichts ein und die Zeiten sind bitter schlecht genug, sie brauchten nicht noch schlimmer zu werden.«
»Ihr redet wahr, Lorenz« versetzte Welch, »die Zeiten sind bitter schlecht, aber ich glaube, wenn ihr bei Nacht wachen wolltet, ihr könntet bald dahinter kommen; Michel und Diether, meine beiden Jungen, sollen mit euch wachen, es ist zum Erbarmen, daß ein so ehrlicher Mann, wie ihr seid, auf so schimpfliche Weise zugrunde gehen sollte.«
[Jacob und Wilhelm Grimm: Irische Elfenmärchen, Die Kuh mit den sieben Färsen]
BusterG - 16. Dez, 22:51