He’s a right pain in the arse – (Lunch) lessons learned
„Man kann immer nett zu jenen sein, die uns nichts angehen“ habe ich bei »Lady Windermeres Fächer« von Oscar Wilde gelernt und bereue ja durchaus aufrichtig und nachhaltig seit langem keine aktuellen TV-Arztserien verfolgt zu haben, mit meiner Handvoll Folgen Schwarzwaldklinik bin ich wirklich nicht up to date.
Beim Lunch im Universitätskrankenhaus gerate ich jedenfalls zufällig in einen Smalltalk zweier Krankenschwestern die offensichtlich nach kurzer Musterung davon ausgingen, ich verstünde - wenn überhaupt eine lebende Sprache - höchsten etwas Ukrainisch oder dergleichen.
Jedenfalls ließen sie sich durch meine Anwesenheit nicht beirren in ihrer Konversation die im Wesentlichen im raschen Schlagabtausch von Kategorisierungen vor allem der Stationsärztinnen und Ärzte aber wohl auch einiger Pfleger bestand (to pigeonhole heißt das mutmaßlich, und ich frage mal bei Gelegenheit einen Taubenzüchter warum, aber ich agiere hier sehr jenseits der Grenzen meines bescheidenen Schulwöterbuches).
(1) „Doctor M. is really bitchy horrible“ - das Wort >bitch< wird offensichtlich zwischenzeitlich allumfassend und gänzlich inflationär nichts sagend eingesetzt.
(2) „Kate gives me the creeps, she’s a real busybody“ beschreibt sie die Else Kling der Dubliner Northside und wirklich: Irgendwer gibt ja immer den Blockwart, wenn die Gruppe nur groß genug ist.
(3) “Don’t be so hypocritical! Juan is a true Gods gift to woman“ - der Bezeichnete saß mit ebenso schwarzen wie wallenden Locken und weit offenem Hemd drei Tische weiter, scheinbar ein Arzt im Praktikum und Machismo wie aus dem Bilderbuch (I deadly swear: his name was "Juan"!).
(4) „Pete is a cushy number“ löst heftige Zustimmung von beiden aus wobei recht zweideutig offen blieb, ob sich dies lediglich auf seine kooperative Arbeitsmoral bezog. (Gerne hätte ich hier mit etwas mehr Sex im Erzkatholischen Ambiente die Story aufgehübscht, aber oberste Chronistenpflicht ist nun mal (leider) zunächst die gültige Fixierung des - äh - Wahrgenommenen).
(5) „Liam is such a slob and eyes you up and down“ dabei eine Art Homer Simpson imitierend und recht anmutig die Bewegung des Scannens nachahmend. Ich grinse derweil breit und diplomatisch in eine andere Richtung über die recht zutreffende Beschreibung des Chefarztes.
(6) „Kelly always winds me up, She is a complete nerd and so dizzy blond“ (eine höchstens dümmliche aber gar nicht blonde Kollegin, vermutlich. Vielleicht ist sie sogar einfach sehr down to earth und rundum praktisch veranlagt).
(7) „He’s a right pain in the arse and rambles on his weird issues“ – „he’s so smug docklands bastard“ kam auch gleich zur Bestätigung vom Gegenüber, anmutiges British English, einen >ass< hat hier keiner, nicht mal ein gutdotierter Vertreter der Verwaltung! Da konnte ich nicht umhin, solidarisch mitzunicken, say no more. Die Docklands heutzutage sind übrigens so gar nicht die aus dem Ulysses, aber das ist eine andere Geschichte …
Als beide meine unerwartete Slang-Lehrstunde beenden, indem sie sich anschicken mit ihrem Tablett zum Ausgang zu gehen, bedanke ich mich höflich für die kurzweilige Übungseinheit und um ihr fast panisches Erschrecken etwas abzumildern zitiere ich aus Oscar Wildes »Lady Windermeres Fächer«: „Die ganze Geschichte ist nichts als Klatsch“.
Allein alle profunde Literaturkenntnis vermag hier nichts mehr auszurichten – beide verlassen so fluchtartig den Raum, dass ihnen sogar Juans Aufmerksamkeit sicher ist. Life is a roleplay, wem sage ich da was Neues? Aber was um alles in der Welt könnte mich jetzt noch davon abhalten aus den hier vorgestellten sieben Hauptdarstellern eine Telenovela von sagen wir mal 1.300 Folgen à 45 Minuten (abzüglich zweier Werbeblocks mit round about fünf Minuten) zu entwickeln und für den Rest des Lebens ganz und gar ausgesorgt zu haben, weil das ZDF die Serie alle fünf Jahre bedenkenlos als Erstausstrahlung wiederholen kann?
Beim Lunch im Universitätskrankenhaus gerate ich jedenfalls zufällig in einen Smalltalk zweier Krankenschwestern die offensichtlich nach kurzer Musterung davon ausgingen, ich verstünde - wenn überhaupt eine lebende Sprache - höchsten etwas Ukrainisch oder dergleichen.
Jedenfalls ließen sie sich durch meine Anwesenheit nicht beirren in ihrer Konversation die im Wesentlichen im raschen Schlagabtausch von Kategorisierungen vor allem der Stationsärztinnen und Ärzte aber wohl auch einiger Pfleger bestand (to pigeonhole heißt das mutmaßlich, und ich frage mal bei Gelegenheit einen Taubenzüchter warum, aber ich agiere hier sehr jenseits der Grenzen meines bescheidenen Schulwöterbuches).
(1) „Doctor M. is really bitchy horrible“ - das Wort >bitch< wird offensichtlich zwischenzeitlich allumfassend und gänzlich inflationär nichts sagend eingesetzt.
(2) „Kate gives me the creeps, she’s a real busybody“ beschreibt sie die Else Kling der Dubliner Northside und wirklich: Irgendwer gibt ja immer den Blockwart, wenn die Gruppe nur groß genug ist.
(3) “Don’t be so hypocritical! Juan is a true Gods gift to woman“ - der Bezeichnete saß mit ebenso schwarzen wie wallenden Locken und weit offenem Hemd drei Tische weiter, scheinbar ein Arzt im Praktikum und Machismo wie aus dem Bilderbuch (I deadly swear: his name was "Juan"!).
(4) „Pete is a cushy number“ löst heftige Zustimmung von beiden aus wobei recht zweideutig offen blieb, ob sich dies lediglich auf seine kooperative Arbeitsmoral bezog. (Gerne hätte ich hier mit etwas mehr Sex im Erzkatholischen Ambiente die Story aufgehübscht, aber oberste Chronistenpflicht ist nun mal (leider) zunächst die gültige Fixierung des - äh - Wahrgenommenen).
(5) „Liam is such a slob and eyes you up and down“ dabei eine Art Homer Simpson imitierend und recht anmutig die Bewegung des Scannens nachahmend. Ich grinse derweil breit und diplomatisch in eine andere Richtung über die recht zutreffende Beschreibung des Chefarztes.
(6) „Kelly always winds me up, She is a complete nerd and so dizzy blond“ (eine höchstens dümmliche aber gar nicht blonde Kollegin, vermutlich. Vielleicht ist sie sogar einfach sehr down to earth und rundum praktisch veranlagt).
(7) „He’s a right pain in the arse and rambles on his weird issues“ – „he’s so smug docklands bastard“ kam auch gleich zur Bestätigung vom Gegenüber, anmutiges British English, einen >ass< hat hier keiner, nicht mal ein gutdotierter Vertreter der Verwaltung! Da konnte ich nicht umhin, solidarisch mitzunicken, say no more. Die Docklands heutzutage sind übrigens so gar nicht die aus dem Ulysses, aber das ist eine andere Geschichte …
Als beide meine unerwartete Slang-Lehrstunde beenden, indem sie sich anschicken mit ihrem Tablett zum Ausgang zu gehen, bedanke ich mich höflich für die kurzweilige Übungseinheit und um ihr fast panisches Erschrecken etwas abzumildern zitiere ich aus Oscar Wildes »Lady Windermeres Fächer«: „Die ganze Geschichte ist nichts als Klatsch“.
Allein alle profunde Literaturkenntnis vermag hier nichts mehr auszurichten – beide verlassen so fluchtartig den Raum, dass ihnen sogar Juans Aufmerksamkeit sicher ist. Life is a roleplay, wem sage ich da was Neues? Aber was um alles in der Welt könnte mich jetzt noch davon abhalten aus den hier vorgestellten sieben Hauptdarstellern eine Telenovela von sagen wir mal 1.300 Folgen à 45 Minuten (abzüglich zweier Werbeblocks mit round about fünf Minuten) zu entwickeln und für den Rest des Lebens ganz und gar ausgesorgt zu haben, weil das ZDF die Serie alle fünf Jahre bedenkenlos als Erstausstrahlung wiederholen kann?
BusterG - 20. Nov, 17:32
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