Something Vague

IMG_7734n

[Ryan Gander: Felix provides a stage - (Eleven sketches for 'A sheet of paper on which I was about to draw, as it slipped from my table and fell to the floor'), 2008, Fototapete 298 x 446 cm]

Konzeptkunst, ich nenne das alles [1, 2] der Einfachheit halber mal so, gilt ja in aller Regel als schwer verdaulich und in Museen ist man bei solchen Ausstellungen meist sehr unter sich. Manche behaupten, dies sei die Rache der intellektuellen Künstler die unter die Räder des Siegeszugs der Pop Art geraten sind. Ich finde deren Grundtenor, dass Kunst erst im Betrachter entsteht, aber eigentlich durchaus interessant, gestehe hiermit öffentlich ein, (meist) nicht darunter zu leiden und ziehe Reduktion und Abwesenheit vielen allzu barocken Stilrichtungen vor. Auch der 32jährige Londoner Ryan Gander fühlt sich der Dekonstruktion verpflichtet, seine Ausstellung „Something Vague“ ist noch bis zum 2. November beim Bonner Kunstverein zu sehen.

Seine Werke werden dominiert von Unsichtbarem, das erst in der Vorstellung des Betrachters Gestalt annehmen kann. Das weiße Papier in den Aufnahmen aus dem Atelier des Künstlers etwa, scheint nur darauf zu warten, vom Künstler bearbeitet zu werden. Er geht dabei allerdings sehr selbstreferentiell und reflexiv vor: In „Unoxidised Silver on Paper, 2008“ wird ein schwarzes, lichtversiegeltes Paket ausgestellt, das ein belichtetes aber nicht entwickeltes Fotopapier enthält das Ryan Gander zeigt.

Konzeptkünstler arbeiten ja gerne indem sie delegieren: „She walked ahead, leading him through a blizzard of characters, 2008” bezeichnet eine frisch verputzte weiße Wand, hinter der sich der Text einer (vom Ghostwriter gekauften) Erzählung verbirgt die im Auftrag von Gander dort angebracht wurde, um wieder vollständig hinter dem frisch verputzten Gips zu verschwinden. Ein Höhepunkt der „Entmaterialisierung" des Kunstwerks jedenfalls und Sol LeWitt, der Urvater, fände das klasse, ich nicht so sehr. Und die Kuratorin Christina Végh bewundert gar die „raumfüllende Absenz“ und die „thematisiert durch das Aufsetzen einer neuen Schicht auch die Ge-Schichte einer Institution.“ Oh weh, Abgründe der Museumspädagogik.

Neugierde ist ganz gewiss eine notwendige Grundvoraussetzung für die Konfrontation mit Gegenwartskunst, sie wird aber selten befriedigt, schließlich gilt es Verborgenes zu imaginieren. Die Denk- und Handlungsanweisungen sind manchmal allerdings recht eindimensional, so auch bei: „Making it up as he went along (Alchemy Box 7), 2008“ in dem Gander eine Inventarliste ausstellt, die über das (nicht sichtbare) Innenleben eines ca halben Meter hohen Sockels Auskunft gibt. Immerhin gibt es noch was zu sehen, das war bei Konzeptkunst-Ausstellungen ja nicht immer so. Wurden doch auch schon völlig leere oder gar geschlossene Räume zur Ausstellung erklärt.

Überall auf dem Boden verstreut liegen übrigens einhundert lasergeschliffene Kristallkugeln mit rund 15 Zentimetern Durchmesser (darauf beziehen sich die Fototapeten) – „Trau keinem Bild“ hat der Gerz mal gesagt und ich habs gleich heute wieder bestätigt, denn ich habe ein paar Kristallkugeln bewegt und neu ausgerichtet und bin sicher, Ryan findet das ganz okay.
weltverbesserung - 3. Okt, 22:29

Dieser Beitrag

hat mich dem Thema sehr viel näher gebracht. Das liegt m. E. daran, dass hier einer ganz unprätentiös schreibt (ich meine im positivsten Sinne: wie man es einem guten Freund erzählen würde), der auch noch profunde Ahnung hat vom Sujet! Danke dafür, solche Kunstkritik finde ich heute nicht mehr.

BusterG - 4. Okt, 10:23

Oh, :-)

Das ist aber mal ein schönes Lob, vielen Dank! Gibt es eigentlich noch Kunstkritiker? Bin mir da gar nicht so sicher.
Gitte_T - 4. Okt, 11:39

Geht mir aber auch so, ich finde Du machst wirklich schöne Beiträge zur Kunst. Das nimmt mir echt die Berührungsängste.

BusterG - 4. Okt, 23:08

Jessas,

ich doch nicht ...
Aber trotzdem Danke!

Trackback URL:
https://buster.twoday.net/stories/5233174/modTrackback

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Aktuelle Beiträge

Seit langen das beste...
Seit langen das beste Gedicht was ich gelesen habe....
Laura Kinderspiel - 12. Nov, 11:30
wow..
..echt "hot" diese Sonnenblumen.. seit langem die beste...
jump - 6. Sep, 11:53
Danke
Danke
huflaikhan - 28. Aug, 08:25
Ich mag sowas ja sehr...
Ich mag sowas ja sehr gerne lesen, vor allem richtig...
huflaikhan - 26. Dez, 16:15
Hatschi
... ok, bin wieder auf dem Boden der Tatsachen.. ;-)
jump - 17. Dez, 19:18
So weit!
Ja genau, also doch schon gar sooo weit ;-).
BusterG - 17. Dez, 00:26
Das ist in der Nordeifel:...
Das ist in der Nordeifel: Heimbach in Nebel und Sonnenschein.
BusterG - 17. Dez, 00:24
Geschätzte Wassertemperatur:...
Geschätzte Wassertemperatur: ca zwei Grad, also vielleicht...
BusterG - 17. Dez, 00:23
Danke
Danke
BusterG - 17. Dez, 00:21
Natürlich ist das ...
... AUCH an Dich gewandt. Ich würde doch sonst nicht...
BusterG - 17. Dez, 00:21

Archiv

Oktober 2008
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 2 
 7 
 8 
 9 
10
12
13
18
20
21
23
25
26
27
28
30
31
 
 
 

RSS Box

Was bisher ...

Credits

powered by Antville powered by Helma

sorua enabled
Creative Commons License

xml version of this page

twoday.net AGB