Rauschland
"Angela Merkel taumelt in die Arme von Franz Beckenbauer.“ Ich mache mir ernsthaft Sorgen um die Stimmung im Land, das gestern erneut „einen neuen Grad an Euphorie“ erreicht hat. Biernotdienste in allen WM-Städten, Autokorso seit gestern ohne Unterbrechung, Hunderttausende feiern auf Fanparties bis zum Morgengrauen. Heute sah ich ein Fahrrad mit zwei Standarten-Fahnen am Einkaufskorb. Ist das nicht schon viel zu ausgelassen? Wie könnte nächste Woche eine Steigerung aussehen oder ist Deutschland nicht schon allein deswegen zum Ausscheiden im Halbfinale verdammt, weil keine denkbare Steigerung der Begeisterung mehr möglich ist? Hier zeigt sich erneut ein eklatanter Mangel in den Planungen des Organisationskomitees unter der Leitung von Franz Beckenbauer.
Wäre beispielsweise Andre Heller mit der Planung der Fanreaktionen nach Spielen der Deutschen Nationalmannschaft beauftragt worden, wären die Freudengesänge nach dem Spiel gegen Costa Rica undenkbar gewesen. Weiß doch auch nur jeder halbwegs begabte Dramaturg, dass so ein Spannungsbogen ordentlich aufgebaut werden muss und vor allem ein richtiges Fundament benötigt: Hilfreich wäre ein deutschlandweites Kopfschütteln nach dem Sieg gegen Costa Rica gewesen mit vereinzelten Hinweisen auf die schwere Vergangenheit und die schlechten Trainingsbedingungen der Kicker aus Mittelamerika. Klinsmann hätte öffentlich für die vier Tore in jedem Interview ungefragt um Entschuldigung bitten müssen. Das Spiel gegen Polen mit seinem Tor in der 93. Minute hätte schon allein deshalb verschwiegen werden können, weil es im Fußball keine 93. Minute mehr gibt und die Polen unsere Nachbarn sind. Der Sieg gegen Ecuador hätte mit einem Dutzend vom Sponsor bereitgestellten Gehilfen standesgemäß gefeiert werden können. Für dreißig Minuten nach dem Spiel hätten zehn Fans mit etwas Konfetti und einer Büchse koffeinhaltiger brauner Sponsorenbrause um den Block der Heimspiel-WG ziehen können. Beim Spiel gegen Schweden wäre dann eine weitere Steigerung möglich gewesen, ein erster Autokorso mit fünf Hyundais vielleicht, ein zaghaftes Händeschütteln zwischen Merkel, Blatter und Beckenbauer.
Aber nun? Wie kann jetzt der Fanjubel noch gesteigert werden, wenn Deutschland völlig unerwartet Italien aus dem Tournier wirft? Ganz Berlin muss bereits im Vorfeld zur Fanmeile erklärt werden, die Strecke der Tour de France wird unmittelbar nach dem Sieg für den Dauerautokorso der Deutschen Fans gesperrt, Bierhof führt nach Abpfiff mit Trapatoni im Mittelkreis einen Boxkampf über zwölf Runden aus, ganz Italien wird bedeckt von einer gigantischen Schwarz-Rot-Goldenenfahne, aus allen Lautsprechern der Bundesbahn ist mit 100 Dezibel Lautstärke in einer Endlosschleife der Beckmannkommentar des Spiels zu hören und die nur mit einem lachsfarbenen Tanga bekleidete Angela Merkel schmiegt sich an den nur mit einer rotgepunkteten Krawatte bekleideten Beckenbauer … Sagen Sie selbst: Ist das ein Sieg über Italien wert?
Wäre beispielsweise Andre Heller mit der Planung der Fanreaktionen nach Spielen der Deutschen Nationalmannschaft beauftragt worden, wären die Freudengesänge nach dem Spiel gegen Costa Rica undenkbar gewesen. Weiß doch auch nur jeder halbwegs begabte Dramaturg, dass so ein Spannungsbogen ordentlich aufgebaut werden muss und vor allem ein richtiges Fundament benötigt: Hilfreich wäre ein deutschlandweites Kopfschütteln nach dem Sieg gegen Costa Rica gewesen mit vereinzelten Hinweisen auf die schwere Vergangenheit und die schlechten Trainingsbedingungen der Kicker aus Mittelamerika. Klinsmann hätte öffentlich für die vier Tore in jedem Interview ungefragt um Entschuldigung bitten müssen. Das Spiel gegen Polen mit seinem Tor in der 93. Minute hätte schon allein deshalb verschwiegen werden können, weil es im Fußball keine 93. Minute mehr gibt und die Polen unsere Nachbarn sind. Der Sieg gegen Ecuador hätte mit einem Dutzend vom Sponsor bereitgestellten Gehilfen standesgemäß gefeiert werden können. Für dreißig Minuten nach dem Spiel hätten zehn Fans mit etwas Konfetti und einer Büchse koffeinhaltiger brauner Sponsorenbrause um den Block der Heimspiel-WG ziehen können. Beim Spiel gegen Schweden wäre dann eine weitere Steigerung möglich gewesen, ein erster Autokorso mit fünf Hyundais vielleicht, ein zaghaftes Händeschütteln zwischen Merkel, Blatter und Beckenbauer.
Aber nun? Wie kann jetzt der Fanjubel noch gesteigert werden, wenn Deutschland völlig unerwartet Italien aus dem Tournier wirft? Ganz Berlin muss bereits im Vorfeld zur Fanmeile erklärt werden, die Strecke der Tour de France wird unmittelbar nach dem Sieg für den Dauerautokorso der Deutschen Fans gesperrt, Bierhof führt nach Abpfiff mit Trapatoni im Mittelkreis einen Boxkampf über zwölf Runden aus, ganz Italien wird bedeckt von einer gigantischen Schwarz-Rot-Goldenenfahne, aus allen Lautsprechern der Bundesbahn ist mit 100 Dezibel Lautstärke in einer Endlosschleife der Beckmannkommentar des Spiels zu hören und die nur mit einem lachsfarbenen Tanga bekleidete Angela Merkel schmiegt sich an den nur mit einer rotgepunkteten Krawatte bekleideten Beckenbauer … Sagen Sie selbst: Ist das ein Sieg über Italien wert?
BusterG - 1. Jul, 16:15