„Um fünf Uhr morgens stand ich an der Ecke der Brustwehr. Das war immer eine gefährliche Zeit, denn wir hatten die Morgendämmerung hinter unserem Rücken, und wenn man den Kopf über die Brustwehr hinaussteckte, hob er sich deutlich gegen den Himmel ab. Vor dem Wachwechsel sprach ich mit dem Wachtposten. Plötzlich, mitten im Satz, spürte ich - nun es ist sehr schwer zu beschreiben, was ich spürte, obwohl ich mich mit äußerster Anschaulichkeit daran erinnere.
Grob gesprochen hatte ich das Gefühl, mich im Zentrum einer Explosion zu befinden. Es war wie ein lauter Knall und ein blendender Lichtblitz, der mich ganz umschloss, zugleich fühlte ich einen gewaltigen Stoß - keinen Schmerz, nur einen heftigen Schock, wie man ihn bei einem elektrischen Schlag bekommt. Dabei hatte ich ein Gefühl äußerster Schwäche, als ob ich zerschlagen werde und zu einem Nichts einschrumpfte. Die Sandsäcke vor mir traten in eine unendliche Entfernung zurück, Ich glaube, man fühlt dasselbe, wenn man von einem Blitz getroffen wird, Ich wusste sofort, dass ich getroffen worden war, aber wegen des Knalls und Blitzes dachte ich, es sei von einem Gewehr, das zufällig in der Nähe losgegangen sei. Alles ereignete sich in einem Zeitraum von weniger als einer Sekunde. Im nächsten Augenblick wurden meine Knie weich und ich fiel, dabei schlug mein Kopf mit einem heftigen Schlag auf den Boden, was ich zu meiner Erleichterung aber nicht spürte. Ich hatte ein dumpfes, betäubendes Gefühl, das Bewusstsein, dass ich sehr schwer verwundet worden war, aber keinen Schmerz in normalem Sinne.“ [
George Orwell: Mein Katalonien, 1938.]
BusterG - 16. Jul, 00:54