Es ist sonderbar
[Buster: So war das heute, 2007]
"Es ist sonderbar, aber die Russen befinden sich schon seit langem unter der Herrschaft, ja, dem Joch des Wortes. Die Dänen haben ihren Kierkegaard hundert Jahre lang nicht gelesen; Stendhal war, bis er starb, für die Franzosen keineswegs eine Autorität; aber wenn bei uns irgendein Schullehrer aus einer Saratower Popenfamilie schreibt, daß es für das Wohl des Volkes gut sei zu lernen, wie man auf Nägeln schläft, dann fängt die Hälfte des Landes an, auf Nägeln zu schlafen. Dieser Gehorsam gegenüber dem geschriebenen Wort ist um so seltsamer, weil es allen außer Verrückten und Kindern klar ist wie der lichte Tag, daß hinter dem Wort nichts anderes als eine leblose Widerspiegelung der Wirklichkeit, ein Modell, steht. Und das auch nur im besten Fall; im schlimmsten Fall setzen sich die Leute an ihren Schreibtisch und erfinden alle möglichen Märchen, berauschen sich an dem Spiel »Leben«, indem sie Männer und Frauen, die nie existiert haben, Dinge tun lassen, die in Wirklichkeit niemals und von niemandem getan wurden."
[Wjatscheslaw Pjezuch: Die neue Moskauer Philosophie, 1989]
BusterG - 7. Feb, 21:36