It’s a dog eat dogs world
Als ich diesen Herrn hier frage, ob er denn mit dem Stöckchen vorhabe seinen Vierbeiner voranzutreiben wie John Wayne die Herden beim großen Viehtrieb nach Westen schaut er mich ganz entrüstet an und antwortet, dass er seine „Fat Berta“ nirgendwohin treibe, es sei ja vielmehr so, dass sie ihn jeden Tage regelrecht durchs Viertel ziehe und er habe Mühe mit ihr Schritt zu halten und lacht mich dabei schon wieder an. Warum das Tier denn Fat Berta heiße, will ich noch wissen, der Hund sei doch alles andere als fett. Das ‚Fat’ habe er ihrem Namen hinzugefügt, und grinst verschmitzt um sich selbst daran zu erinnern, dass er dick und fett werde, wenn er nicht täglich mit Berta seine Runde macht und taxiert dabei für meinen Geschmack etwas zu sehr meinen Astralkörper.
„We were shipwrecked before we embark“ gab sich mein Landlord ganz und gar versöhnlich in einem mir bei ihm noch unbekannten ‚peace & harmony’-Rausch und „lets clean up the act“ sagt er dann ganz freundschaftlich und um lockere Atmosphäre bemüht, diese Redewendung kenne ich nur von Schildern auf denen Hundebesitzer aufgefordert werden die Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner zu entfernen. Womöglich habe ich gutmütiger Trottel wieder zu sehr hinterm Berg gehalten mit meiner Kritik, vielleicht war es aber auch so, dass er die Götterdämmerung erwartet hat und so ein kleines Gewitter eher sein Gemüt erfreut hat. Wäre doch schön gewesen in Kerry sagt er und erzählt mir einen müden Witz: Zollbeamter: Irgendwelche Pornographie in Ihrem Koffer, Sir? Kerryman: Wie denn, was sollte ich wohl damit? Ich besitze nicht mal einen Pornographen um sie abzuspielen. Hahaha … Wer weiß, wo das enden wird aber: „It’s not over until the fat lady sings” gilt ja bekanntlich nicht nur für die Oper …
[Pieter Brueghel (d. J.): Peasant Wedding 1620. National Gallery,Dublin]
Der olle Brueghel der Jüngere hatte bestenfalls eine schwache Vorahnung davon, was passiert wenn sich das, was sich tagsüber schillerd kulturell gibt, verwandelt zu Ballermann im Regen an der längsten Theke Irlands. Dublin ist angesagte Party-Metropole und Temple Bar am Wochenende daher eine No-go Area für nicht täglich Karnevalisierbare. Insbesondere gefürchtet sind Stag and Hen Parties wie die Kampftrinkwochenenden genannt werden bei denen der Abschied vom unverheirateten Leben mit reichlich Alkohol, Gesang, Tanz und Sex gefeiert wird. Die meist einheitlich gekleideten Horden ziehen dabei von Pub zu Pub und später Club zu Club Oscar Wilde memorierend: „I drink to keep body and soul apart“ alle meilenweit neben sich stehend.
Neben dem Fringefestival mit dreißig internationalen Theaterproduktionen und der Culture Night ist es vor allem aber John McInerney, der einen dann doch am Wochenende in das Babel Dublins zieht. Samstags ist Temple Bar Food Market am Meeting House Square und John serviert halbdutzendweise Austern, die am Tag zuvor noch vor Galway vom kalten und klaren Atlantikwasser umspült wurden. Und obwohl die Bewohner vom Nordwesten gemeinhin als etwas verschlossener gelten, betont John mehrfach, dass er die drei Jahre alten Riesenaustern alle eigenhändig gestern geerntet hat und man kann nur begeistert mit dem Kopf nicken vor lauter schlürfen.
[irish modern dance theatre: Rhytmic Space, Chor. & Text: John Scott]
BusterG - 22. Sep, 00:19