121 Jahre Bloch
„Keiner von uns allen könnte nicht auch ein anderer sein. Ein Strauch tut sich vorerst genug damit, einer zu sein. Doch aus einem Menschen kann sozusagen alles werden, unfertig wie er ist. Dunkel und unbestimmt, wie er an sich selber, in seinen Falten ist. Eine Frau, der es schlecht geht, wird, allein gelassen, gleichsam zu allem fähig. Ein Mann, in prekäre Lage gebracht oder aus seiner bisherigen Lage jäh entfernt, ist immerhin imstande, stehenden Fußes unter die Drachen zu gehen. Beispiele davon sind so zahlreich wie der Sand, auf den sie gebaut sind. Sie fallen sowohl auf die düstere Seite des Trau-schau-wem wie auf eine tüchtig verblüffende. Freilich ist hierbei einiges vorgearbeitet, kein Mensch ist nur Wachs, und keiner ist auch ein frei aus sich rollendes Rad. Statt des Wachses gibt es mitgebrachte Anlagen, wenn auch mehr der Begabung als des Charakters. Statt des frei aus sich rollenden Rads gibt es die Klasse, gibt es die jeweils so oder so beschaffene Gesellschaft und Zeit, in die die Menschen mit ihren Anlagen hineingeboren werden. Es gibt darin überlieferte Leitbilder des Soseins, geschichtlich geformte, die den Traum von der eigenen Rolle erst fassbar machen.“
[E. Bloch: Das Prinzip Hoffnung. Dritter Band, Leitbilder Selber, um menschenähnlich zu werden]
[E. Bloch: Das Prinzip Hoffnung. Dritter Band, Leitbilder Selber, um menschenähnlich zu werden]
BusterG - 8. Jul, 17:39
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