Die Fahne
Müder Nachtregen trommelt einfältig seit Stunden ans geduldige Erkerfenster. Die mottenumschwirrte Lampe über dem roten Ledersessel gibt dazu den allzeit sternlosen Lesehimmel als plötzlich, zunächst entfernt und sehr regenverschwommen, ein Lichtschwert an der Hausmauer des Nachbarn auflodert, getragen von einer kapuzenbewerten gekrümmten Kreatur die sich entschlossen und mit schnellem Schritt dem Auto des Nachbarn nähert.
Unverständlich im düster aufbrausenden Regen wehen barsche Töne offensichtlichen Missfallens durch die mitternächtlichen Häuserschluchten, der kaltblaue Lichtkegel, eine Taschenlampe, stößt verbissen in so wolkenverhangene wie ungnädige Himmel. Angelangt am hochmotorisierten Fortbewegungsmittel vor der Garage wird die Leuchte recht burschikos auf dem kinnhohen, regenglatten Dach abgelegt und die Kapuze greift, nunmehr frontal beleuchet, an eine weißen Plastikstange die an der Seite aus dem geschlossenen Fenster aufragt. Am oberen Ende der weißen Stange an der zwischenzeitlich ungeduldig gerüttelt wird, findet sich ein schwarzrotgoldenes Stoffstück kraftlos hängend, regendurchtränkt.
„Geh ab du Scheißdreck“, eine gepresste Tenorstimme ist nun deutlich zu hören von der halbdunklen Gestalt die zunehmend unruhig das Gewicht von einem auf das andere Standbein verlagert, und dabei an das Lauern der Sumoringer erinnert kurz vor dem Angriff. Dabei rutscht die schon nasse Kapuze nach hinten weg, der Regen hebt weiter an, ganz ungerührt. Es ist der Nachbar. Er rüttelt ungeduldiger an seinem silberfarbenen Mercedes, ganz so als gelte es diesen zur kopflosen Flucht vorzubereiten. Der weiße Stab biegt sich unter lauterstarker stimmlicher Untermalung des zunehmend ungeduldig werdenden - aber bricht nicht.
„Du Scheißvieh“ stöhnt es kehlig von unten und jetzt greift er einer wirren Eingebung folgend nach dem Stoff am Fahnenende und zieht ganz verzweifelt daran bis ein hässliches Reißen von ersten Erfolgen des nächtlichen Kämpfers kündet. Ein nur schwach unterdrückter Jubelschrei ist deutlich zu hören, ein Fetzen regennasser Stoff siegessicher wie einen mächtigen Pokal hochreckend. Ich habe mir vorausschauend zwischenzeitlich auf dem Balkon eine ebenso trockene wie bequeme Loge gesichert.
Taumelnd und vom Erfolg des halbgerissenen triefenden Stofftuchs angefeuert stürzt sich der Nachbar, der ganz offensichtlich in einen dunkelblauen Bademantel eines bekannten deutschen Sportausrüsters gekleidet ist, erneut auf die zum dunkeln Himmel aufragende Standarte an der nur noch ein Stofffetzen flackert und versucht diese mit ganzem Körpereinsatz abzubrechen. Das spröde gewordene Plastik beginnt dabei unvermutet zu splittern und bohrt sich tief in den rechten Daumenballen des ziellos Wütenden.
Blut mischt sich mit klebrigen Blütenstaub den der Regen noch nicht abgewaschen hat, ein wildes Aufheulen durchzuckt die regengepeitschte Nacht; „du Sau, ich mach dich kalt“ klingt es fast weinerlich verzweifelt und ich muss mich schon sehr nach vorne recken um den am Boden kauernden Verletzten hinreichend sehen zu können. In einer ungestümen, der aufkeimenden Verzweiflung geschuldeten, weiteren Angriffswelle umklammert er fest entschlossen mit beiden Händen die halbgesplitterte blutverschmierte Stange, gleitet unvermittelt ab und diese peitscht mit Wucht über seine rechte Wange.
Selbst ich empfinde zunehmend Unbehagen meinen - zugegeben sehr ungeliebten - Nachbarn in solch unsinniger Rasereien verenden zu sehen und denke erstmals über einen spektakulären Rettungsversuch nach als ein ungeduldig harter Windstoß mich aufschrecken lässt, ich wache gedankenverloren auf während das Buch vom schläfrigen Knie gleitet. Aus nachtmüden Augen sehe ich giftig-laut hupende Konvois am Erkerfenster schwarzrotgolden vorbeiziehen, das Auto des Nachbarn beidseitig in unruhigen Böen trotzig regennass flatternde Fahnen – was tun?
Unverständlich im düster aufbrausenden Regen wehen barsche Töne offensichtlichen Missfallens durch die mitternächtlichen Häuserschluchten, der kaltblaue Lichtkegel, eine Taschenlampe, stößt verbissen in so wolkenverhangene wie ungnädige Himmel. Angelangt am hochmotorisierten Fortbewegungsmittel vor der Garage wird die Leuchte recht burschikos auf dem kinnhohen, regenglatten Dach abgelegt und die Kapuze greift, nunmehr frontal beleuchet, an eine weißen Plastikstange die an der Seite aus dem geschlossenen Fenster aufragt. Am oberen Ende der weißen Stange an der zwischenzeitlich ungeduldig gerüttelt wird, findet sich ein schwarzrotgoldenes Stoffstück kraftlos hängend, regendurchtränkt.
„Geh ab du Scheißdreck“, eine gepresste Tenorstimme ist nun deutlich zu hören von der halbdunklen Gestalt die zunehmend unruhig das Gewicht von einem auf das andere Standbein verlagert, und dabei an das Lauern der Sumoringer erinnert kurz vor dem Angriff. Dabei rutscht die schon nasse Kapuze nach hinten weg, der Regen hebt weiter an, ganz ungerührt. Es ist der Nachbar. Er rüttelt ungeduldiger an seinem silberfarbenen Mercedes, ganz so als gelte es diesen zur kopflosen Flucht vorzubereiten. Der weiße Stab biegt sich unter lauterstarker stimmlicher Untermalung des zunehmend ungeduldig werdenden - aber bricht nicht.
„Du Scheißvieh“ stöhnt es kehlig von unten und jetzt greift er einer wirren Eingebung folgend nach dem Stoff am Fahnenende und zieht ganz verzweifelt daran bis ein hässliches Reißen von ersten Erfolgen des nächtlichen Kämpfers kündet. Ein nur schwach unterdrückter Jubelschrei ist deutlich zu hören, ein Fetzen regennasser Stoff siegessicher wie einen mächtigen Pokal hochreckend. Ich habe mir vorausschauend zwischenzeitlich auf dem Balkon eine ebenso trockene wie bequeme Loge gesichert.
Taumelnd und vom Erfolg des halbgerissenen triefenden Stofftuchs angefeuert stürzt sich der Nachbar, der ganz offensichtlich in einen dunkelblauen Bademantel eines bekannten deutschen Sportausrüsters gekleidet ist, erneut auf die zum dunkeln Himmel aufragende Standarte an der nur noch ein Stofffetzen flackert und versucht diese mit ganzem Körpereinsatz abzubrechen. Das spröde gewordene Plastik beginnt dabei unvermutet zu splittern und bohrt sich tief in den rechten Daumenballen des ziellos Wütenden.
Blut mischt sich mit klebrigen Blütenstaub den der Regen noch nicht abgewaschen hat, ein wildes Aufheulen durchzuckt die regengepeitschte Nacht; „du Sau, ich mach dich kalt“ klingt es fast weinerlich verzweifelt und ich muss mich schon sehr nach vorne recken um den am Boden kauernden Verletzten hinreichend sehen zu können. In einer ungestümen, der aufkeimenden Verzweiflung geschuldeten, weiteren Angriffswelle umklammert er fest entschlossen mit beiden Händen die halbgesplitterte blutverschmierte Stange, gleitet unvermittelt ab und diese peitscht mit Wucht über seine rechte Wange.
Selbst ich empfinde zunehmend Unbehagen meinen - zugegeben sehr ungeliebten - Nachbarn in solch unsinniger Rasereien verenden zu sehen und denke erstmals über einen spektakulären Rettungsversuch nach als ein ungeduldig harter Windstoß mich aufschrecken lässt, ich wache gedankenverloren auf während das Buch vom schläfrigen Knie gleitet. Aus nachtmüden Augen sehe ich giftig-laut hupende Konvois am Erkerfenster schwarzrotgolden vorbeiziehen, das Auto des Nachbarn beidseitig in unruhigen Böen trotzig regennass flatternde Fahnen – was tun?
BusterG - 19. Jun, 23:40
gnihihihi ...
es gibt doch nichts schlimmeres als diese seitenfensterstandarten.