Montag, 26. Juni 2006

Hopp Schwyz

Der Fußballwahn ist eine Krank-
Heit, aber selten, Gott sei Dank.
[Joachim Ringelnatz, Turngedichte: Fußball]


Vor 52 Jahren, in der „Hitzeschlacht von Lausanne“ wurde mit 7:5 ein Spiel ausgetragen, das noch heute in der Statistik als das Spiel mit den meisten Toren an einer WM-Endrunde geführt wird: Österreich besiegt im Viertelfinale der Fußball Weltmeisterschaft die Schweiz vor heimischem Publikum nachdem diese bereits mit 3:0 vorne lag.

Der österreichische Tormann Kurt Schmied erlitt in der ersten Halbzeit einen Sonnenstich, durfte aber damals noch nicht ausgewechselt werden. Er taumelte in einem tranceähnlichen Zustand zwischen den Torpfosten umher. Die Schweiz erzielte so rasch binnen acht Minuten drei Tore, führte in der 23. Minuten mit 3:0 und schien der sichere Sieger zu sein. Der österreichische Masseur Ulrich versuchte nun, die Situation zu retten, stellte sich hinter das österreichische Tor und begann, den nahezu orientierungslosen Kurt Schmied zu dirigieren. Zusätzlich versuchte er den Tormann ständig während des Spiels mit Schwämmen und Wasserkübeln zu kühlen ...
Laut Umfrage der Isis Reasarch Group am letzten Freitag ist Schweizern der Sport mit dem runden Leder jetzt wichtiger als Sex. Die „kleine Schweiz“ im „großen Fußballzirkus“: Das klingt so niedlich und fordert Mitleid ein. Selten genug waren die Eidgenossen in den vergangenen 52 Jahren bei Weltmeisterschaften am Ball. Der Achtelfinaleinzug, als Gruppensieger und als einziges Team ohne Gegentor, hat gezeigt, dass die Mannschaft „nicht mehr die kleine, unbedeutende Schweiz“ ist, wie Torjäger Alexander Frei trotzig den Journalisten diktiert. Heute sollten müssen werden sie mit einem Sieg über die Ukraine das Viertelfinale erreichen, den größten Erfolg seit 52 Jahren.

Schweiz - Ukraine: 0:3 (n.E.)

„Bleiben wir bescheiden“, warnte Trainer ‚Köbi’ Kuhn seine viel versprechende Mannschaft die „unsere Fußballnation allmählich ins Delirium stürzt“ (Neue Zürcher Zeitung). Nicht dass aus der kleinen die größenwahnsinnige Schweiz wird.

Nachtrag: Heute haben sich große Teile des Spiels auch wie Sonnenstich angefühlt, ein Tor haben sie zuwenig und drei Elfmeter zuviel verschossen. Das Delirium immerhin bleibt den Eidgenossen vorerst ein unbekannter Sinneszustand.

Was für ein Leben! Was für ein Tod!

„Es war einmal ein Fußball, der war rundum glücklich, wenn er auf's Feld geworfen und von 22 Spielern hin und her getreten wurde. Er stieg und fiel, tanzte über den Rasen, rutschte quietschend von einem Fuß zum anderen, gab sich selbst einen jauchzenden Drall …“
Und dann kamen die Italiener und sagten 'tutto bene' …

„... Der Fußball stöhnte tief und weh auf und hauchte sterbend seine letzten Worte: ‚Wer nicht mit mir umgehen kann, wie soll der mich verstehen? Wenn doch solche Geschöpfe ihre dummdreiste Nase nicht in anderer Leute Angelegenheiten steckten (…) Was für ein Leben! Was für ein Tod!’“
[Helmut Wördemann: Der ermordete Fußball]

JJ1 lebt!

Also seit Wochen gab es für mich kein anderes Thema als die neuesten Problembärnachrichten. Bär vom Österreichischen Auto angefahren, Bär von finnischem Hund fast gestellt, Bär dringt in Hühnerstall ein, Bär lässt sich durch Bärin nicht locken, Bär von Wandergruppe gefilmt, Bär ins Bla bla-Tal entwischt und dergleichen mehr. Es war wie eine Sucht, ich brauchte täglich eine größere Dosis und zu meinem Glück war JJ1 auch ein richtiger toller Hecht der allen amerikanischen Fallen, finnischen Bärenjägern und dem gemeinen bayerischen Politiker keck trotzte.

Jetzt wollen sie uns glauben machen ein bayerischer Jäger, der wegen bereits ausgesprochener Morddrohungen anonym bleiben will, hätte den gewitzten JJ1 im Handumdrehen erschossen. Es kann sich nur noch um Stunden handeln und für die Massenmedien wird ein von Motten zerfressenes Bärenfell hochgehalten, das letzte Nacht im Bayerischen Landesmuseum für Völkerkunde aus dem Mottobild "Jungsteinzeit" entfernt wurde, als untrüglichen Beweis für den Mord Jagderfolg. Dann werden die wenigen Kameras, die nicht auf Beckenbauer, Beckham und Beckmann gerichtet sind, und ein Bärentrauerbeauftragter vom WWF von Waldhörnern in Moll akustisch untermalt ein paar bittere Tränen der Wehmut weinen um sich schleunigst wieder in den nächstbesten Autokorso zurückzubegeben.

Tatsächlich hat „Che Uno“, wie er von seinen engsten Kampfgefährten gerne genannt wird, im medialen Schatten der Weltmeisterschaft längst den Befreiungsausschuss Südbayern (BASB) gegründet und die Alpen zur Politikerfreien Zone proklamiert. Die Widerständler sollen sich derzeit im Schloss Neuschwanstein verschanzt haben und ernähren sich von japanischen Touristen. Zahllose Bären haben sich zwischenzeitlich von Italien aus in Richtung Norden in Bewegung gesetzt und arbeiten am Manifest der unterdrückten rastlosen Rächer. Die finnischen Bärenhunde und die in Alpennähe logierenden Holländer wurden zur überstürzten Abreise genötigt, die amerikanischen Bärenfallen in einer Nacht- und Nebelaktion von maskierten Naturschützern mit Schweißbrennern zu modernen Skulpturen modelliert und im Kurpark von Bad Tölz einbetoniert. Stoiber, fernmündlich vom letzten CSU-Anhänger in Füssen vorgewarnt, hetzte unter dem Vorwand, es herrsche Weltmeisterschaft, nach Berlin und erwägt nun doch das Amt des Wirtschaftsministers im fernen Preußischen anzunehmen. Aber wenn der Che Uno erstmal so richtig in Rage ist, ist es nur eine Frage der Zeit, dass er dem Beckenbauer seinen WM-Hubschrauber kapert, sich eine der zahllosen darin herumliegenden rot-weißen Krawatten umbindet und gemeinsam mit Netzer eine blitzsaubere Analyse des Viertelfinalspiels gegen Argentinien liefert noch bevor dort die erste gelbe Karte gezeigt werden wird …

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Aktuelle Beiträge

Seit langen das beste...
Seit langen das beste Gedicht was ich gelesen habe....
Laura Kinderspiel - 12. Nov, 11:30
wow..
..echt "hot" diese Sonnenblumen.. seit langem die beste...
jump - 6. Sep, 11:53
Danke
Danke
huflaikhan - 28. Aug, 08:25
Ich mag sowas ja sehr...
Ich mag sowas ja sehr gerne lesen, vor allem richtig...
huflaikhan - 26. Dez, 16:15
Hatschi
... ok, bin wieder auf dem Boden der Tatsachen.. ;-)
jump - 17. Dez, 19:18
So weit!
Ja genau, also doch schon gar sooo weit ;-).
BusterG - 17. Dez, 00:26
Das ist in der Nordeifel:...
Das ist in der Nordeifel: Heimbach in Nebel und Sonnenschein.
BusterG - 17. Dez, 00:24
Geschätzte Wassertemperatur:...
Geschätzte Wassertemperatur: ca zwei Grad, also vielleicht...
BusterG - 17. Dez, 00:23
Danke
Danke
BusterG - 17. Dez, 00:21
Natürlich ist das ...
... AUCH an Dich gewandt. Ich würde doch sonst nicht...
BusterG - 17. Dez, 00:21

Archiv

Juni 2006
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 
 
 

RSS Box

Was bisher ...

Credits

powered by Antville powered by Helma

sorua enabled
Creative Commons License

xml version of this page

twoday.net AGB