Neues vom Fordern und Fördern …
Von Fern hört man schon, wie sie sich gegenseitig wütend angehen. „Arbeitsscheues Pack“ geifert Profalla in Richtung Kauder und bückt sich tief seufzend nach einem Hundekötel den er gekonnt in eine große blaue Mülltüte schlenzt. „Sozialbetrüger, Abzocker“ bellt Kauder zurück, den die gelbe Jacke böse unter den Achseln kneift. Er klaubt eine Bananenschale aus dem Rinnstein, wirft sie ebenfalls in die Tüte und ruft nach hinten „bei uns verhungert keiner, gibt ja Bananenschalen genug“. Ramsauer sammelt mühsam Zigarettenstummel auf der Verkehrsinsel ein, den linken Fuß leicht nachziehend, weil die gebrauchten Schuhe aus der Sonderzuteilung vom barmherzigen Roten Kreuz eine Nummer zu klein ausgefallen sind und geht beide von hinten an: „Ihr müsst doch mit allen Mitteln zur Arbeit gezwungen werden, ihr Asoziale in der Hägematte“. Von der anderen Straßenseite ruft Müntefering, seinen großen Reisigbesen drohend in die Luft gereckt: „Ein Euro in der Stunde ist doch der schiere Luxus, zehn Cent täten es doch locker“ und Koch, der hinter ihm mit seiner Harke geschickt eine leere Dose aus der Hecke fischt, stimmt zu: „Ihr lebt doch im Luxus in euren Sozialhilfe-Bungalows am Stadtrand, ihr Schmarotzer.“ Vor Erregung droht ihm sein sorgfältig aus der Bildzeitig vom Vortag gefalteter Papierhut vom Kopf zu rutschen. Sogar die Dauer-Praktikantin Christiansen hat zwischenzeitlich aufgeschlossen mit ihrer Gehhilfe an der der Lack - in großen Platten vom Rost zerfressen - abblättert. Stolz reckt sie zwei verdreckte Pfandflaschen Schultheiss-Bier in die Höhe, die sie im Gebüsch zwischen Erbrochenem entdeckt hat. „Das Pfand muss jetzt aber auf die Leistung angerechnet werden, du Bonze“ näselt Kauder beleidigt über deren Erfolg in Richtung der Spätsechzigerin. „Von 345 Euro ernährt ein Nepalese eine Großfamilie mit 40 Mitgliedern im Jahr, die Hälfe ist immer noch üppig“ retourniert die ehemalige Moderatorin gekonnt. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, zu dem alle wild und laut durcheinander reden. Gebrüllte Satzfetzen, wüste Drohungen queren die Strasse, Fäuste ballen, Brustkörbe blähen sich. Aber kurz bevor alle aufeinander loszugehen drohen erscheint in der Mitte der Strasse in einem langen schwarzen Cape und mit einem unglaublichen, kreisförmigen Leuchten über dem Hut August Bebel auf einem alten schwarzen Männerfahrrad, hält sich ein überdimensionales Megafon an seine dünnen Lippen und ruft in grellem Stakkato: „Wer nicht arbeiiiiitet, der soll auch nicht esssssssennnn! Keeeiine Arrrrbeeeeiiiit – keeeiin Ässssän“. Und eh man sich versieht, zerstreuen sich die (noch) ein-Euro-Jobber Profalla, Kauder, Ramsauer, Müntefering, Koch und Christiansen in die umliegenden Grünanlagen und arbeiten wie die Berserker jedem kleinen Fetzen Unrat hinterher. Aber keine Stunde später hört man erneut von ferne, wie sie sich gegenseitig angehen … Wenn sie dann stündlich jeden Tag wieder und wieder bei mir vorbei kommen seufze ich tief an meinem Fenster und wünsche, die sechs hätten endlich einmal ordentliche Arbeit oder würden wenigstens dem ollen Bebel den Heiligenschein vom Kopf kicken und ihm das Megafon in den fetten Arsch schieben.
BusterG - 4. Jun, 00:26
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