Endspiel
Die Patriotismus-Diskussion ist ja nichts Neues seit 1954. Das hat aber die Tage so schrittweise zugelegt: Die ersten „Wir sind wieder wer“-Bücher wurden ja fast belächelt, bis schrittweise die Gourmands des Feuilletons auf den fahrenden Profit-Zug gesprungen sind. Wir Deutschen also, sollen wieder stolz sein können dürfen. Ganz ungezwungen bitteschön. Endlich wieder das normale Verhältnis zum Vaterland respektive Nationalstaat an den Tag legen. Endlich wieder das Normale …In einem Land in dem vor jeder jüdischen Einrichtung mit Maschinengewehren Bewaffnete stehen.
Auf dem Supermarkt-Parkplatz wird der Wimpel mit der Deutschland-Fahne hastig ausgepackt und stolz am Auto montiert – vorsichtige Mitmenschen haben gleich zwei Fähnchen erstanden. Wohin ich auch sehe: Schwarzrotgoldene Fähnchen tanzen tatendurstig im Wind. Wir sind wieder wer - Endlich wieder das normale Verhältnis zum Vaterland, in dem Nazis aller Couleur demonstrieren dürfen und die Gegendemonstranten verhaftet werden.
Sogar den kroatischen Fan, der gestern auf das Spielfeld gestürmt ist, wurde nicht durch eine Maschinengewehrsalve der Deutschen Wehrmacht erschossen oder von Deutschen Polizeiknüppeln blutig geschlagen! Wir Deutschen also, sollen wieder stolz sein können dürfen auf „unser“ Land: Endlich wieder das normale Verhältnis zum Vaterland, voran ins Endspiel.
Am Morgen schaue ich vorsichtig aus dem Fenster ob der Zug der HJ schon vorbeizieht … mein Koffer für das Inselchen Lidingö bleibt gepackt.
„Ich halte gar nicht meinen Himmel für den blauesten.
Die Natur hat uns frei und ungebunden auf die Welt gesetzt:
wir kerkern uns ein in ein kleines Stück Land.“
[Michel de Montaigne]
BusterG - 14. Jun, 00:02
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