In der besten aller Welten
[Sergio Vega: Paradise in the New World, 2008, Ausschnitt: Sergio Vegas gebrochene Sicht auf das Paradies, ein wie er es selbst nennt "dreidimensional-multimediales Reisetagebuch"]
„Strapaziös aber schön“ titelte die FR (am 01.11.) und die Zeit fragte tumbe „Ist das nicht malerisch“ (am 01.10), mein Spitzereiter ist aber das Flagschiff des Hoch-Feuilletons, die Kölnische Rundschau die am 02.10. titelte „Als Goethe am Vesus posierte“ und kleckst darunter – Hauptsache Berg – einen Ölschinken von Eckenbrechers mit einem eisigen Norwegenfjord.
“Orte der Sehnsucht. Mit Künstlern auf Reisen” heißt die Ausstellung des LWL-Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte in Münster und vereinigt von Dürer bis zu Vega eine respektablen Bogen der Kunstgeschichte. Matisse kommt da neben Ansel Adams zu hängen, Zeichnungen von Humboldt neben eine Beuys-Videoperformance in New York, Gaugin neben von Christo Verhülltem. Wenn ein Museum solch einen kühnen Versuch unternimmt, dann finde ich das schon per se klasse und sehe gerne über konzeptionelle Mängel hinweg (etwa dass in einzelnen Abteilungen dann doch wieder versucht wird, stimmige Gruppen aus Klee und Macke zu bilden, gleichsam als Versöhnungsangebot für gar zu sehr Aufgescheuchte).
Andererseits muss, wer sich in solche Ausstellungen begibt auch aushalten, dass eine zweidutzendstarke Seniorengruppe sich trotzig in die Installation von Vega stellt, die eine Kritik des Paradiesbegriffes vor dem Hintergrund der Globalisierung leisten will, und die Wortführerin in erheblicher Lautstärke (wohl um die knarrenden Hörgeräte der Best Agers zu übertönen) und mit bebender Stimme von ihrem Erlebnis in der Dschungellodge berichtet. Ein älterer Herr interpretiert dazu falsch aus Voltaires Leibniz-Kritik ein krudes Canide-Paradiesverstännis. Ja, solches muss man dann halt auch irgendwie aushalten können.
BusterG - 6. Nov, 17:21