[Lawrence Weiner, 1991, Sprache und benannte Materialien] Inspiriert von den Identitäten bei Juan Munoz stellt sich Lawrence hier der Frage wie man mit Materialien und kulturellen Identitäten umgeht und assoziiert dazu eine Stierkampfarena oder ein Schauspiel wo es immer ein Zuviel gibt: „Alles ist immer ein bisschen mehr als es sein sollte, weil es theatralisch ist.“ Weiner macht lesbare Kunst, sein Material ist die Spache.
„Manchmal denke ich, Kunstkritiker sollten einfach sagen, man solle etwas anschauen gehen oder man solle es nicht anschauen gehen“ hat der New Yorker Maler Robert Ryman gefordert. Also ich sage: Man soll bitte dringend ins K21 in Düsseldorf gehen.
AS FAR AS THE EYE CAN SEE die umfassende Retrospektive von Lawrence Weiner, des Urvaters der Konzeptkunst wird noch bis Januar in der Kunstsammlung K21 in Düsseldorf gezeigt.
Und wer jetzt aufstöhnt beim Wort Konzeptkunst tut dem Werk mehr als unrecht. Weiner stellt das meiste was wir gemeinhin unter Kunst verstehen, ihre gesellschaftliche Funktion und den täglichen Umgang mit ihr in Frage. Nach Weiner kann Kunst als Möglichkeitsform in mehreren gleichwertigen Aggregatzuständen existieren: Als Idee, als geschriebener Text oder auch als konkrete Handlung. Alles hat gleich viel Wertig- und Gültigkeit. Dass Kunst so im Betrachter (den Weiner ‚Empfänger’ nennt) entsteht war
neulich schon das Thema aber Weiner verfolgt einen radikalen Anspruch der Kunst:
„Das Privileg Kunst zu machen, bedeutet, dass man Dinge in einer Welt platzieren kann, um sie zu einem Teil der Welt zu machen. (…) Ich mag es, wenn die Leute [meine] Arbeiten nebenbei auf dem Weg zur Arbeit wahrnehmen. Meine Aufgabe ist es nicht, jemandem auf dem Weg zur Arbeit den Tag zu vermiesen. Ich möchte ihr ganzes Leben in Unordnung bringen“
[L. Weiner im Interview mit S. Jansen und P. Schüller, In: As far as eye can see, 2008]
Der New Yorker Tradition folgend wo er 2000 „IN DIRECT LINE WITH ANOTHER & THE NEXT” auf einen Kanaldeckel schrieb, wirkt Kunst auf Öffentlichkeit, erobert die Kunst den Stadtraum. An der Fassade des K20 findet sich eine annähernd 100 Meter lange Arbeit von 1979 „VIELE FARBIGE DINGE NEBENEINANDER ANGEORDNET BILDEN EINE REIHE VIELER FARBIGER DINGE“. Weiner installierte auf einem Straßenbahnzug, der während der Ausstellung in der Stadt verkehrt „A LINE DRAWN FROM THE FIRST STAR AT DUSK TO THE LAST STAR AT DAWN“ und in der deutscher Fassung EINE LINIE GEZOGEN VOM ERSTEN STERN DER ABENDDÄMMERUNG BIS ZUM LETZTEN STERN DER MORGENDÄMMERUNG (1995). Weitere Spracharbeiten werden hin und wieder in der WAZ abgedruckt etwa: PLATZIERT IN DER HITZE DES TAGES PLATZIERT IN DER HITZE DER NACHT (1991).
Kunst ist für Weiner „die Beziehung von Menschen zu Gegenständen und Gegenständen zu Gegenständen in Beziehung zu Menschen“. Derart auf Materialen und ihre Beziehungen gegründet bezeichnet er seine Spracharbeiten als Skulpturen. Weiners Sprache ist knapp, klar und ohne handelndes Subjekt und bietet damit Raum für Assoziationen und Kontextualisierung.
„Die Frage ist, ob man an parallele oder an simultane Wirklichkeiten glaubt. Parallele Wirklichkeiten repräsentieren stets Dinge, und das ist das Problem für die zeitgenössische Kunst. Wenn sie in parallele Realitäten einbezogen sind, versuchen sie stets, etwas in Beziehung zu etwas anderem zu zeigen, und das stülpt Materialien eine Hierarchie über. Da gibt es ein Original und eine Kopie.Aber was wäre, wenn wir simultane Wirklichkeiten anerkennen würden, dass alles zur gleichen Zeit am gleichen Ort geschieht, was eine andere Art, die Welt zu betrachten wäre: Da gibt es keine Hierarchie. (…) ich kenne nur eine Wirklichkeit, und das ist die Wirklichkeit, die ich sehe. Aber ich bin mir im Klaren darüber, dass andere Leute ihre eigene Sicht auf die Wirklichkeit haben. Wenn ich Kunst mache ist es meine Verantwortung, alles so offen wie möglich zu halten, dass die Wirklichkeiten der anderen hineinfinden können.“
[L. Weiner im Interview mit S. Jansen und P. Schüller, In: As far as eye can see, 2008]
Viele Arbeiten können ohne jedes Vorverständnis gedeutet werden, Weiners Vertrauen in die Kunstaffinität der Besucher ist Legion. „The punblic ist not stupid they know what to do with a mondrian.
It is not for the Cultural Institutions to tell them what to do with a work of Art. No explanatory texts posing as signage” schreibt er in der Vorstudie zur K21-Retrospektive Das Kabinett des Dr. K. 2008. Deswegen ist der Adioguide auch keine Guide. Auf „Melodic Noise for Radio“ sind Songs mit Texten von Weiner zu hören.
“We are ships at sea not ducks on a pond“ schreibt er auf originalen Briefpapier des US Government das als subject “Life, Liberty and the Pusuit of Happiness” ausweist, eine Arbeit von 1989.
BusterG - 19. Nov, 19:29