Freitag, 19. September 2008

Castles & cows

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[Please mind the cow]

Wer ein ordentlicher Castlebesitzer ist, neigt, inspiriert durch zahlreiche irische Landschaftsmalereien des frühen 19.Jahrhunderts oder gar durch Jack B. Yeats: Life in the West of Ireland, 1912, dazu, auf das Grün um das Castle herum ein paar Wächterkühe zu drapieren, die herumstreunende Touristen verscheuchen.

„Dear shadows, now you know it all,
All the folly of a fight
With a common wrong or right
The innocent and the beautiful
Have no enemy but time;
Arise and bid me strike a match
And strike another till time catch;
Should the conflagration climb,
Run till all the sages know.
We the great gazebo built,
They convicted us of guilt;
Bid me strike a match and blow.

[W. B. Yeats: In Memory. The Winding Stair and other poems, 1933]

Was ich an Jack B. Yeats, dem Bruder des wohl bekannteren Lyrikers William Butler, so faszinierend finde, ist seine unglaubliche Entwicklung. Er begann als Landschaftsmaler und Chronist von Countryside-Genres und sein Spätwerk ist weitgehend abstrakt; die Arbeiten haben sich zwar etwas Figuratives bewahrt, kommen aber weitgehend ohne Gegenständlichkeit aus. Die dargestellten Personen werden zunehmend komplexer, vielschichtiger dargestellt und verlieren gleichzeitig an Realismus. Diese Reduktion der Gegenständlichkeit zieht sich durch sein Werk und fand eher in Sprüngen statt denn evolutionär. Yeats Stil änderte sich deutlich Ende der 20er Jahre, der Farbauftrag wird zwangloser, er experimentiert stärker mit Farbkombinationen, inszeniert komplementäre Gegenüberstellungen und arbeitet stärker kontrastierend. Wie etwa beim folgenden Bild in dem er mit einem sehr sublimen rot und blau arbeitet:

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[Jack B. Yeats: Morning in a city, 1937. National Galery, Dublin]

Robin Kennedy, promovierte Kulturhistorikerin am National Museum, die ich im Cafe treffe, bezeichnet Yeats als ‚Irish Flâneur’ und verortet die Szene in der gregorianisch-vornehmen William Street.

Hat Yeats gute zehn Jahr früher in seinem Bild „The Liffey Swim“ sich selbst noch in der Menge dargestellt – in einer eher kommentierenden Art zwar, aber eben als Bestand teil der das Sportereignis verfolgenden Menge – so setzt er sich bei „Morning in a City“ ganz sich selbst bewusst ins Zentrum des Bildes und bleibt die einzige Person, die sich deutlich abhebt von der Stadt. Die beiden roten Hauswände rechts und links bilden Podium und Vorhang zugleich, hinter dem Künstler ragen blau gehaltene dreigeschossige Häuser als Horizont auf und erinnern an das Dubliner Panorama der Wicklow Mountains.

Die Hauswände wirken dabei nicht massiv sondern scheinen zu fließen, man assoziiert etwas wasserfallartig, kraftvoll Chaotisches. Die Widersprüche zwischen Konstruiertem und Organischem werden scheinbar aufgehoben, Menschen und Gebäude werden eins. Die exzessive Farbkombination, typisch für den späteren Yeats, aus dunklem rot und blau drückt zugleich Erregung, Herausforderung und auch Kampf des Individuums in der Stadt aus.

Donnerstag, 18. September 2008

(In fear of) eternal damnation

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In Ballybunion gibt es einen Strand für Frauen, für Männer und sogar einen für Nonnen. Die Klippen sind fast schwarz mit gelben Flecken vom Eisenpyrit. Auf der Bank an den Klippen treffe ich Kevin Keane, er ist über 80 und sitzt jeden Tag dort und schaut, wie er sagt den Wellen zu. Früher hat er sie gezählt, heute macht ihn das eher müde. Als er jung war hat er die Nonnen beobachtet, wie sie in langen grauen Talaren badeten. Den Felsen im Meer, der gleich hoch ist wie die umliegenden, nennt er „Mount Virgin“, weil er für die Männer unerreichbar war. Als ich ihn frage, warum man das so genau genommen habe mit der Geschlechtertrennung, erschreckt ihn das richtig. Der Gemeindepfarrer Father Behan habe mit einer Droschkerpeitsche in Hand jedes Geschlecht an seinen Strand geschickt und natürlich begehrte keiner auf: „We were in fear of eternal damnation“.

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„Heute freilich“, beginnt er aufzustöhnen und das ist auch schon mein Signal zum Aufbruch und zum Abschied zitiert Kevin noch Tennyson (und weil ich mirs diesesmal aufgeschrieben habe, weiß ichs sogar noch):

“So dark a forethought rolles
About his brain
As on a dull day in
An ocean cave
The blind wave feeling round
His long sea- hell.”

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Als ich diese Schilderhalterin, ein Tätigkeitsfeld das in Deutschland ausgestorben ist, in der Dubliner Lower Founess Street frage, ob sie denn auch über ihre eigene Zukunft im Bilder sei, lacht sie nur und flüstert mir geheimnisvoll zu, dass sie an ‘sowas’ nicht glauben könne, aber es solle doch jeder nach seiner Facon leben. Das dürfe ihr Auftraggeber freilich nicht erfahren. Meine Zukunft ist dagegen eher rosig und der kleine Lord, der nun auch in der Hauptstadt weilt, wird allen Grund haben sich zu fürchten, wenn ich meinem Horoskop in der Irish Independant vertraue:

“The Aries Moon brings you determination, charisma, leadership powers and a ego the size of the spire (das ist das Wahrzeichen von Dublin in der O’Connell Street: eine 120 Meter hohe Skulptur) Whether your troops will be led into battle for the sake of your glory is debatable but they’ll certainly follow you.”

Mittwoch, 17. September 2008

Sachdienliche Hinweise

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Für Lyriker: Den besten Limerick in ganz Limerick kennt Colm Tucker der sich sehr gefreut hat, dass ich ihn und nicht etwa das fotografiert habe, was gewöhnlich von den zahllosen Zugereisten und Dahergelaufenen ins Visier genommen wird: Keine sieben Meter vor seinem Wohnzimmerfenster erheben sich wuchtig die beiden Wehrtürme von King Johns Castle, sein Haus um das Vierfache überragend. Er nötigt mich auf ein Tässchen hereinzukommen weil es sehr zu regnen anfängt und auch weil er dringend wissen will, wer da mehr Interesse an ihm hat als am Frühmittelalter. Gefragt, wie das denn so sei, im Schatten von Könix zu leben, grinst er erst verschmitzt um dann verhalten zu stöhnen, dass schon ziemlich was los sei so tagsüber, aber abends sei es dagegen ausnehmend ruhig (und schenkt noch genüsslich Tee nach) der Nachbar sei ja schließlich schon bald 800 Jahre tot, da mache man nicht mehr so viel Lärm. Und dann hat er mir zum Abschied noch seinen schönsten Limerick erzählt und obwohl der ganz wunderschön war, habe ich Trunkenbold den anderntags nicht mehr zusammenbekommen. Wer also demnächst dort vorbeikommt, frage bitte in der Castle Street No.7 bei Colm noch mal nach und richte Grüße aus.

Für Projektleiter: Keine.

Für Arrivierte: Schönheitssalonbesitzer sollten ihr Etablissement bitte nicht „Beyond Belief“ nennen, das riecht ja geradezu nach Zentimeterdicker Tünche, Neppern Schleppern, Bauernfängern; Bierbrauer ihr Produkt nicht mit „It’s alive inside“ bewerben, wenn sie auch die Vegetarier zu ihren künftigen Kunden zählen wollen; Buchhändler noch mal ordentlich drüber nachdenken, ob die Buchkategorie „chick fiction“ ein eigenes Regal wert ist und Dienstleister, ob sie mit „always going an extra mile“ nicht am Ende sehr Nachteiliges über ihre institutionelle Intelligenz ausdrücken.

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Für Künstler: Insbesondere solche, die endlich verkaufen wollen oder nach neuen Vertriebskanälen suchen, kann das Konzept des Limerick Arts Festivals sicher hilfreicher Quell der Inspiration sein. Maler, Bildhauer und Zeichner stellen derzeit in den Schaufenstern zahlreicher Einzelhandelsgeschäfte aus: Zwischen Unterwäsche, Haarspray und Lebensmitteln finden sich Werke zur gefälligen Betrachtung wie auch zum Verkauf arrangiert. Bei Micheal O’Laughlin der sich selbst bei den „Old World Master Butchers“ verortet, wird Kunst ganz nach seinem Sujet präsentiert und man kann nun wählen zwischen Lammhaxe, Clonakilly Pudding und Oil on Canvas (Mana Levitees: “Blue Remembered Hills”, Gaffie Mountains, 300 €).

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Für (Krimi-/Drehbuch)Autoren: Die perfekte Location für einen sauber inszenierten Mord ist ganz fraglos der Potato Market, ein schlecht beleuchteter, mit zahlreichen Nischen versehener und direkt am Shannon gelegener Parklatz. Der – natürlich – gedrungene, schwarzgekleidete Mörder schleicht sich, vom St. Georges Quai kommend an das Opfer heran, zückt ein Messer (doch, doch: In Irland macht man so was besser noch ganz traditionell) und sticht unter dem Schild „Pay and Display“ dreimal kraftvoll zu. Die Leiche wirft der ganz und gar Skrupellose natürlich gefühllos wahlweise über das weiße Geländer der Fußgängerbrücke oder das blaue Geländer des Erkers in den Shannon, sie wird zwei Tage später von einem frisch geschiedenen Banker und Hobbysegler aus Ulster wieder herausgeangelt werden, der sich keine Woche später solchermaßen traumatisiert mit einem grade mal acht Pfund schweren Klappanker um den Hals unrasiert bei Killarny im Upper Lake ertränken wird. Die Leiche wird dank einer Arschgeweih-Tätowierung, die sie sich bei Toms Tattoos vor knapp einem Monat in der Upper William Street hat anfertigen lassen, als Theresa O., die Halbschwester des Besitzers des Gemischtwarenladens ‚Polski Smak’ in der Parnell Street identifiziert werden. Ian, der Aushilfskellner im Portleys in der Broad Street wusste zuviel, weil er just zu dem Zeitpunkt als der – natürlich – gedrungene Mörder über den halbdunklen Friedhof der St. Mary’s Cathedral flieht, aus dem Kirchenportal tritt wo er für sein viel zu früh verstorbenes Mütterchen eine Kerze zu zwei Euro entzündet hat und lebt keine zwei Tage mehr. Seine selbstredend grausam zerstümmelte Leiche und die blutbesudelte aber fingerabdruckslose Mordwaffe findet der Gewohnheitstrinker Kurt B. im Morgengrauen an einem Donnerstag vor dem Milk Market. Beim Versuch das mit Elfenbein verzierte Mordwerkzeug zu versilbern, wird er von der ‚Garda’ aufgegriffen und verstirbt aus ungeklärten Gründen in der Ausnüchterungszelle. Viele Spuren werden zu Joe Mc Kenna führen, der ehemalige Freund und zwielichtiger Gebrauchtwagenhändler in dessen Lager beim Bahnhof immer wieder seltsame Geschäfte stattfinden sollen. Von Steuerbetrug im großen europäischen Rahmen wird gemunkelt aber selbstredend kann keiner etwas beweisen bis dieser Mord geschieht.
Das sollte doch, Herrschaften, jemandem ein paar Euros wert sein, ist doch schließlich alles haarklein und blitzsauber recherchiert. Zur Not könnte man auch irgendsoeinen unsäglichen Tatort draus machen und der Bienzle ist im Urlaub mit seiner Frau oder wem auch immer (ich bin da nun wirklich nicht parkettsicher) und die logieren im Railway Hotel grad gegenüber vom Bahnhof und der Bienzle sitzt in der Plüschroten Hotelbar und seine Frau oder wer auch immer hat ständig Wanderschuhe an und dazu rote Socken und ist schon ganz hibbelig, weil’s immer noch nicht zum wandern geht und der Bienzle den Fall wie der Leibhaftige im Alleingang in der Bar löst noch bevor die ‚Garda’ auch nur einmal um die Ecke gedacht hat.
Der Fall löst sich ja eigentlich und genau genommen von selbst weil der Gebrauchtwagenhändler unter dem Ermittlungsdruck die Nerven verliert, den Gemischtwarenhändler und ehemaligen Halbbruder zur Rede stellt (der, so erfahren wir ganz en passant und sehr erwartungskonform Betrügerkumpan ist) und mit dem Messer bedroht und dann gibt es ein so ganz und gar gestelltes und getürktes Gerangel wie man es wenn überhaupt nur im öffentlich rechtlichen Fernsehen erleben kann und am Ende ist der Gebrauchtwagenhändler tot und es soll auch noch Notwehr gewesen sein. „Der Mörder hat sich selbst gerichtet“ wird man den sich bitter irrenden Bienzle in der vorletzten Szene sagen hören bevor er mit seiner Frau oder wem auch immer zum Wandern aufbricht nicht ohne vorher zur Stärkung noch ein Glas Beamish getrunken zu haben und dann, in der allerletzten Szene werden wir in einer Beichte vom selbstredend bislang völlig unverdächtigen Brendan Foley, dem Pfarrer der St. Mary’s Cathedral zu hören bekommen, dass er die abgrundtiefreligöse und ihm hörige Theresa O. während des Bibelunterrichtes schwängerte und, um die Schande zu vertuschen, tötete ohne Reue und wenn sie nicht gestorben sind wandert ienzle noch heute und Brendan Foley gibt weiterhin Bibelunterricht grad so als obs keine Gerechtigkeit gäbe heutzutage.

Dienstag, 16. September 2008

Watervilles headless hero

„Avoid fuckin hangovers – stay drunk“ werde ich am Morgen von einem breit grinsenden Dubliner Workshopteilnehmer herzhaft begrüßt der dort, wo sich bei mir eine Tasse Earl Grey befindet, eine Büchse Beamish hält. Mein stay dry kommentiert er mit einem schiefen Grinsen. Anscheinend hat ein Teil der Gruppe nach dem ich die Aufgaben formuliert und mich in die ungeheuer beschauliche Kerry-Natur getrollt habe, mit dem Feiern und Fraternisieren begonnen und dies bis zum nächsten Morgen. Da solche Gruppendynamik allemal sinnstiftender sein kann als bunte Kärtchen zu bemalen und keiner so recht Lust hat, schlage ich vor Gruppen zu bilden die je ein Thema im Laufe des Tages irgendwie und irgendwo besprechen.

Die feierfreudigen Dubliner und Ken, der hochgewachsene und eigentlich recht aufgeschlossene Assistent des Lords stehen um mich herum, es ist aufgeregte Stimmung wie beim Schulausflug. Alle stimmen meinem Vorschlag zu mal nach Westen raus ans Meer zu fahren aber die Hauptstädter wollen fischen, Ken golfen, er hätte da einen Lieblingsplatz direkt an den Klippen, was mir schon mehr zusagt als sich im kalten Wasser stehend anzuschweigen, nur damit die Fische nicht verschreckt werden. Nun mag man berechtigt einwenden, dass schwiegen eine sehr wichtige gemeinsame Tätigkeit sein kann, aber als Teambildungsmaßnahme ist sie eher etwas für Fortgeschrittene, denen die Grundregeln des Nicht-Schweigens bereits geläufig sein sollten.

080913_027Wir trennen uns also, Ken und ich fahren – obwohl wir weder ein Team sind, noch es eine Maßnahme für uns bräuchte, ans Ende der Halbinsel. Der Golfplatzmanager akzeptiert aber mein Handicap nicht und so kommt kein Flight zustande was Ken ordentlich peinlich zu sein schien. Da just in diesem Moment aus dem Nieselregen ein ausgewachsener Landregen wird, hält sich meine Enttäuschung in sehr überschaubaren Grenzen. Der Greenkeeper schlendert neugierig her, stellt sich zu mir unters Dach der Driving Range und lacht meckernd laut als ich ihm erzähle, dass ich auf Weisung des Managers hier als rabbit nicht spielen darf. Murmelt etwas, was ich als „fuckin stupid ass“ interpretiere. Er erweist sich schneller als echter Kerryman vom dunkelgrünen Gummistiefel bis zur ausgebeult karierten Kappe, dabei sehe ich ihn immer wieder energisch mit den Beinen aufstampfend um, wie er auf meine verwunderte Nachfrage ob dies eine Kerry-Variante eines Riverdance sei, zu erklären, dies diene dazu, die Blutzirkulation anzuregen. Gut die Hälfte dessen, was er sagt, dabei immer eine zerkratzte englische Pfeife zwischen die gelben Zähne geklemmt, glaube ich zu verstehen. Früher hätte der Platze ja eine halbe Meile westwärts gelegen und zeigt mit dem abgekauten Mundstück aufs Meer. Alles erzählt er und man hört schnell, dass er es schon vielmals und vielen erzählt hat, alles sei dem Meere abgetrotzt, den Wikingern blutig abgerungen oder dem kargen Boden, die Besten wären die Ersten hier beim Auswandern.

080913_038Chaplin habe, flunkert der Wirt später, nur bei ihm gegessen, nie aber bei dem Wucherer gegenüber und deutet auf einen Pub auf der anderen Straßenseite an dem mit kindlichem Gemüt ein circa drei Meter großer Hummer an die Hauswand gemalt ist. Dann stellt er den seafood chowder vor uns ab und zeigt ganz ungefragt auf eine zerknittert-verblichene und auch etwas angegilbte Fotografie einer Fußballmannschaft an der Wand hinter uns und an der Stelle auf die er mit nikotingelbem Finger zeigt ist der Spieler vom vielen Reiben schon fast Kopflos. „Kerry 1969 All-Ireland Football Champion“ steht da und während ich noch über headless heroes nachdenke und wie gut es nun wäre, auch wer zu gewesen zu sein, vielleicht ein Boxer oder ein Rodeostar, verfällt Ken gleich in den vom Wirt offensichtlich gewünschten Championbewundersmodus und droht ganz die Fassung zu verlieren, dass wir hier in der nach altem Bratfett riechenden Kneipe eines Champions verweilen dürfen.

080913_040„Hier wundert man sich“, rezitiere ich J. M. Singe an der Strandpromenade gegen den anpeitschenden Starkregen und Ken lächelt vieldeutig, „warum noch jemand in Dublin oder London oder Paris wohnt, wo doch ein Leben in einem Zelt oder einer Hütte hier, an dieser großartigen See und unter diesem Himmel, hier, wo man Luft atmen kann, die wie Wein schmeckt, so viel besser erscheint.“ An der Uferpromenade angekommen frage ich Ken nach seinem Verhältnis zum Lord und ob und wann er sich als Nachfolger sieht. Da winkt er nur belustigt ab und antwortet lachend: „He’s a little Hitler, you know?“ Und dass er sich nach Dublin versetzen lässt, weil mit dem keiner zusammenarbeiten könne. Wir biegen grade auf die Hauptstrasse des Kaffs als wir keine hundert Meter vor uns die beiden Dubliner Kollegen schwanken sehen, jeder mit einer Büchse Devils Bite in der Hand, so sieht also angeln bei denen aus.

Und fast wäre es bei uns vieren irgendwie ganz gemütlich geworden da wir auf Plüschsofas im ‚Peter’s Café’ saßen, einem Bach-Chor lauschten und dazu homebaked Brownies vertilgten als der lütte Hitler himself in seinem verschrammten und ehemals gediegenen Dienstwagen in die Atlantic Street von Waterville geräuschvoll einbog.

Montag, 15. September 2008

Hi-I Bar

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Selbstporträt auf [John Minham: Patrick Galvin outside the Hi-I Bar, Cork City, 1997]

We do it the Kerry way.

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[Killarney National Park: Upper Lake, Loush Leane und der Mt. Purple]

Als mehr als genug Schmutz ausgegraben war, wollte ich zur Beruhigung der Gemüter mal über Verbesserungen sprechen und es ist ja meist auch so, dass „Lessons Learned“ immer dann ins unerträgliche Ausmaß wuchern, wenn wenig oder gar nichts zu lernen war. Diesen Vorschlag hatte ich bereits in Monktown der Affenstadt vorgebracht irgendwo zwischen dem zweiten und vierten Erfrischungsgetränk. Gestern jedenfalls überrascht der kleine Lord (er ist mindestens einen Kopf kleiner, auch das scheint irgendwie noch ein Problem zu sein) mich mit dem Vorschlag den Workshop zu Verbesserungen der ‚vibrations’ (ich liebe solche Quatschwörter über alles) in einer landschaftlich reizvollen Umgebung stattfinden zu lassen, wenn der schon ausgerechnet am Wochenende stattfinden müsse. Er selbst würde natürlich auch versuchen vorbeizuschauen, allein es gebe so unsagbar viel zu tun, weint er fast voll Selbstmitleid.

Es sei auch manchmal wirklich klüger, als engagierte Führungskraft nicht präsent zu sein, heuchle ich eigentlich sehr offensichtlich, aber er scheint es gar nicht zu bemerken, sondern atmet erleichtert auf und ich erinnere mich dunkel an die Ankündigung, dass der Provinzfürst gedenkt auf die Jagd zu gehen am Wochenende – wenigstens hat er mich noch nicht zum Golfen aufgefordert. Natürlich habe ich ihm gleich zu seinem hervorragenden Vorschlag gratuliert und die Gegend von Kerry vorgeschlagen. Dort würden, so meine zugegeben wenig subtile Anmache, die Menschen ja bekanntlich auf konkrete, wohlüberlegte Fragen selten eine klare Antwort geben und das sei dem Kommunikationsverhalten unseres Projektes doch mehr als vertraut.

Nun ist dazu gleich vielerlei anzumerken: Zum einen wollte ich da schon immer mal hin und dann sind mir nun aber wirklich viele Mittel recht – solange ich das noch irgendwie begründen kann. Zum zweiten hat er wohl seine Mitarbeiter ganz und gar offensichtlich eingeschüchtert wie es am Hofe von Ludwig dem fünfzehnten nicht böser hätte sein können: Sie verhalten sich jedenfalls so, als habe er jedem, der mehr als drei Worte mit mir spricht, gedroht, die Zunge abschneiden zu lassen: Sobald sie mich am Horizont erkennen, stürzen sie wie traumatisierte Hühner vor dem Habicht davon und suchen Deckung unter verstaubten Aktenordnern oder geben vor zum wievielten Male an diesem Tage auch immer, die Verkabelung des Rechners überprüfen zu müssen.

Drittens, auch Heinrich Böll hat in seinem ‘Irischen Tagebuch’ von der Abgeschiedenheit der Grafschaft Kerry berichtet und von der Schicksalsergebenheit ihrer Bewohner: Kerrymen sind Gegenstand unzähliger Witze. Und so kommt es, dass ich endlich zu meinem ausgedehnten Spaziergang an den Seen Killarneys finde und ein Dutzend erwachsener Menschen auf bunte Papierkarten unleserliche und (mir) unverständliche Dinge schreiben. Und alle hoffen inbrünstig, dass der Lord nicht mal eben vorbeireitet mit seiner Jagdgesellschaft.

Womöglich beginnen die gleich mit den Fragen, was denn da in der Affenstadt geschehen sei bei all den Ein- und Ausladungen. Ich sage besser nichts, schließlich werden die ihre Zunge noch gebrauchen können.

Sonntag, 14. September 2008

Landgang: Gämuetlischkeid in Monktown

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[Affenstadt und letzter Landgang der Titanic]

In Monktown fand ich den Herrensitz des ländlichen Lords, das war grade mal einen Steinwurf entfernt von der Stelle an der die Titanic auf ihre erste und letzte Fahrt ging. Affen und untergehende (Dampf-)Schiffe also; sollten dies am Ende gütige Hinweise des Weltenlenkers für mich rastlos Wahrheitssuchenden sein oder doch wenigstens Elfenzauber die sich hierzulande ja in jedwede Angelegenheit einzumischen scheinen? Die Fahrt dorthin war jedenfalls ungewohnt qualvoll gewesen. Nun bin ich ja nicht zum ersten Mal in meinem erlebnisarmen Leben in einem Land, in dem auf der ganz und gar falschen Seite gefahren wird (aber noch immer steige ich stets auf der Beifahrerseite ein und empöre mich sehr über das plötzlich fehlende Lenkrad). Und hätte ich nicht unentwegt mein pyramidales „En-Ra-Ha“-Mantra auf den Lippen gehabt – wer solchen Witz nicht versteht, war dieses Jahr definitiv einmal zu wenig im Kino und muss nun einfach schauen wie er sein happygolucky bekommt, ich bin nun mal kein guter Witzeerzähler – und mir unablässig eingebläut links zu fahren, wäre ich nie und nimmer angekommen.

Das Gebäude jedenfalls war ein ungeahnter Ausbund an Scheußlichkeit und doch ausnehmend teuer am grünen Hang mit üppigem Meerblick gelegen. Der Architekt muss beim Entwurf sein zutiefst schizophrenes Wesen in therapeutischer Absicht ganz in diesem Bauvorhaben ausgelebt haben und hat so eine absurde Mischung aus bayerischem Toskanahaus, barockem Bauhaus, klassizistischem Jugendstil mit Südstaatenveranda und griechisch-römischen Kapiteln geschaffen – lediglich die frühägyptischen Entwürfe scheinen, warum auch immer, unberücksichtigt geblieben zu sein. Auf dem geharkten Kies vor dem Haus steht der arg zerschrammte nun doch deutlich weniger gediegen erscheinende Dienstwagen, enttäuscht stelle ich fest, dass keine Pferdeställe auszumachen sind, ich verkehre hier deutlich unter Niveau denke ich noch zur geselligen Einstimmung des folgenden Duells und strebe auf die massige, blutrote, gregorianische Eingangstüre zu, doch die Tür öffnet sich lange, bevor ich die in Bronze gehaltene Klingel erreicht habe – ich werde wohl erwartet.

Die ganz in rosa gekleidete, weißhaarige Gastgeberin schickt die – vermutlich polnische – Hausaltshilfe recht barsch in die Küche und mustert mich, ganz von Elisabeth verschonter Irischer Landadel, ebenso unverholen wie ungeniert ausführlich. Sollte es jemals, warum auch immer, eine Widerholung dieses Zusammentreffens geben, nehme ich mir trotzig vor, während ihre kleinen grauen Augen unablässig einen Scanningprozess durchführen, werde ich mir beim Kostümverleih einen ordentlichen Kilt besorgen und mir frech ein wasserdichtes enges verwandtschaftliches Verhältnis mit dem schottischen Hochadel zulegen. Kurz bevor ich wirklich ungeduldig zu werden drohe, setzt sie ein Lächeln auf, das aufgemalt nicht künstlicher wirken könnte und geleitet mich in die Bibliothek, in der der Provinzfürst in einem ridiklül-karierten, hellbraunem Tweedjackett im Lehnstuhl sitzt.

Gerade als er sich erhebt und mir vermutlich erklären will, ich möge es mir doch gemütlich machen – ein Ansinnen, das er mir seit Tagen vorbringt, gebe ich sehr kühl mein Erstaunen zum Ausdruck, dass doch eigentlich ein Meeting des gesamten Teams geplant war. „Das“ sagt er in einem mir ganz und gar verhasst-väterlichen Ton, „hätte er gecancelt, weil es doch besser sei, wenn wir beide erstmal ins Reine kämen und die ‚dirty tricks campaign’ ad acta legen“. Was er so nennen würde, antworte ich gespielt emotionslos im Tonfall eines desillusionierten Grundschullehrers, wäre andernorts ein gut geführtes Projekt. Und blicke durch die bodentiefen Fenster der Bibliothek auf die Bucht von Cobh, den Hafen von Cork.

Und obwohl es gerade mal Afternoon und somit bestenfalls Teatime ist, macht er noch mal einen vermutlich letzten Anlauf und führt mir seine sehr beachtliche Whiskey-Sammlung vor. Immerhin insofern will ich seiner Vorstellung von Gemütlichkeit (Landlord himself spricht das immer höchst pseudo-german ‚gämuetlischkeid’ aus) und entscheide mich – auch, aber selbstredend nicht nur um ihn zu ärgern – für einen dreißig Jahre alten Malt von den Outer Hebrides. Ach, und dann wurde das irgendwie doch noch gar nicht so aufgesetzt wie befürchtet und ich bin dank Karma und dem magischen Wissen um die Bedeutung des „En-Ra-Ha“-Zaubers einige Gläser später auch bustermässig-cool nach Hause gekommen, ohne nennenswerten Schaden anzurichten und das ganz fern der Heimat und auch und vor allem der sehr Geliebten wohlgemerkt! Aber beim nächsten Mal – soviel ist ganz und gar sicher – erscheine ich als hochgeadelter Scotie MacBuster im altehrwürdig-kariertem Kilt.

Samstag, 13. September 2008

Vermischtes

Der Lord hatte gestern zwei Pflaster auf der Wange und war überhaupt recht wortkarg, wahrscheinlich hat er den ganzen Tag darüber gegrübelt was er mir zu später Stunde wohl alles anvertraut hat, für morgen ist jedenfalls mit einer Einladung auf seinen Herrensitz der nächste Bestechungsversuch geplant. Und so kann ich endlich mal über die wirklich wichtigen Dinge des Lebens in Cork berichten, die natürlich unter der Rubrik „Vermischtes“ kolportiert werden müssen.

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[Paul hat sich diese Jahr mal was ausgedacht]

Gestern war der Tag an dem in ganz Cork gesammelt wurde für das Marymount Hospice spätestens am Mittag waren alle Gutmenschen an einem Aufkleber an der Jacke erkennbar den es fürs Spenden gab und nickten sich unablässig gegenseitig respektvoll zu fürs gut sein. Und weil die meisten ehrenamtlichen Sammler junge Frauen sind und er im letzten Jahr auf dem vorletzten Platz der Spendenstatistik landete, hat sich Paul dieses Jahr mal etwas ausgedacht wie er mir augenzwinkernd anvertraute und hielt mir seinen grünen Sammeleimer lachend gleich noch dreimal hin mit der Aufforderung: „Gimme more, gimme more!“.

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[Vince und seine Schmuggelware]

Vince steht seit zwanzig Jahren meist vor seinem Gemischtwarenladen in der Cornmarketstreet und ist immer zu einem Schwätzchen mit den Kunden aufgelegt. Nahezu jeder Vorübergehende grüßt ihn. Nur auf die Frage einer Kundin woher denn seine seltsam zusammengestellte und obskur verpackte Ware komme, wird er sehr einsilbig. „Schmuggelgut ist das, ganz klar“ hilft ein älterer, fast zahnloser Mann neben mir aus und alle lachen verschwörerisch ganz wie in alten Zeiten als es noch gegen die Engländer ging.

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{Die Wahrheit von Mr. O’Connor]

Mr. O’Connor ist der beste Fischhändler und überhaupt einzige im English Market, der sein Handwerk ordentlich gelernt hat. Das jedenfalls erzählt er ausführlich seiner Kundin während die Aufnahme entsteht. Die verdreht sichtlich die Augen und flüstert mir ins Ohr, er texte sie nunmehr seit zehn Jahren zweimal pro Woche damit zu. „Wahrheit muss gesagt werden“ versuche ich Gebrauchsphilosoph mehr recht als schlecht zu trösten und Mr. O’Connor hackt dabei den Fischen mit einer Inbrunst den Kopf ab, als wärs Maria Stuart herself. Aber da kommt schon der nächste Kunde und der Mister hebt an ihm zu erklären er sei der beste und überhaupt auch einzige …

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[Eli O’Donnell behind bars]

Eli arbeitet seit über zehn Jahren hinter Gittern beim Taxiservice und ist eine echte Nachfahrin der O’Donnells die die englische Streitmacht bei Yellow Ford 1598 vernichtend geschlagen haben (das Datum wusste sie nicht allzugenau, aber ich konnte da nachhelfen mit einem teutonischen Reiseführer, was sie mit einem freundlich-breiten Lächeln quittierte und auch gleich noch mal ihren Namen gedruckt sehen wollte in dem gelben Büchlein). Was ein historischer Unsinn sie ausgerechnet ‚Elisabeth’ zu nennen, war es doch die gleichnamige Britische Königin die als Reaktion auf die verlorene Schlacht weitere zwanzigtausend Soldaten nach Irland entsandt hat, die den Fürstenaufstand 1603 beendet und fast alle Irischen Adeligen ermordet hat! Die Gäste sind meistens nett, aber sie fühlt sich doch besser geschützt hinter Gittern, selbst Iren können mal unfreundlich werden, sagt sie etwas verlegen. Ich durfte sie nur fotografieren, wenn ich für Shandon Cabs Werbung mache. Was ich hiermit tue: Wer also in Cork ein Taxi benötigt wähle künftig immer nur noch 505522. Immer, bitte.

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[Picture of Love]

Und da war da auch noch Sadie, die, kaum hatte sie mich auf der Strasse mit der Canon hantieren gesehen, auf mich losgestürzt ist und darauf bestanden hat, dass ich unbedingt ein Foto von ihr und dem neuen Freund Rob zu machen habe. Sie hatten sich eben erst kennen gelernt und nun musste dringend ein gemeinsames Bild der Liebe her. Als ich beide fragte, ob ich das Bild veröffentlichen darf, haben sie beide darauf bestanden, das müsse der Welt gefälligst kundgetan werden und wehe ich würde das Bild nicht zügig per MMS auch an sie schicken samt der Internetadresse des Blogs bei dem die Menschheit erstmals von dieser glücklichen Verbindung erfahren hat. „Da girl u met + made u thice a photo“ hat sie mir neben die Nummer geschrieben damit ichs bloß nicht vergesse und als ich beiden, keine halbe Stunde später im Gallagher in der Mac Curtain Street wieder begegne, haben sie sich eng umschlungen beschwert, dass noch immer kein Bild angekommen sei.

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[Dress for success]

„This season fall in love with sexy checks, leopard print, and ultradeluxe faux-fur“ empfielt der Modekenner Julien Macdonald gestern in der Beilage des Irish Examiner dringend. Es hält sich aber keiner dran, nicht mal die Puppen und über Iren und Mode zu schreiben geht doch so was von gar nicht! Darüber soll man schweigen, doch, doch.

Freitag, 12. September 2008

We do not care for amusement, help yourself

Das Leonardo in der Princess Street gilt wohl gemeinhin als „very posh“, die Kellner tragen jedenfalls keine Tennissocken und geben sogar vor, Italienisch zu verstehen. Und wären da nicht die wuchtig-tosenden Abbrucharbeiten am Gebäude gegenüber – nachts um zehn Uhr für meine Ohren sehr gewohnheitsbedürftg aber die Wirtschaftskrise muss ja irgendwie abgewendet werden – die bedingen, das wir uns am Tisch nur laut brüllend und heftig gestikulierend verständigen können, müsste man dieser Einschätzung wohl zustimmen.

Die Softwareentwicklung in dieser Größenordnung, sagt John das ‚dieser’ affektiert lang betonend, sei doch eigentlich mehr als schräge (von ‚weird’ war die Rede bis hin zur ‚alienation’), der Espresso war geräuschvoll getrunken und er lehnt sich sehr demonstrativ in den schwarzen Lederstuhl zurück um Vertraulichkeit zu demonstrieren wie im Marketing-Lehrbuch. Wir werden, da sei er sich ganz sicher, schon einvernehmlich zusammenkommen, sagt er mit aufgesetztem Lächeln nach diesem neuerlichen Bestechungsversuch. Der Barolo, antworte ich ebenso verbindlich lächelnd unterkühlt wie ausweichend, war wirklich ausgezeichnet und ein verstohlener Blick auf die Rechnung weist über fünfhundert Euro für die zwei Flaschen auf. Der ganze Tisch hat jeden Versuch der Unterhaltung aufgegeben und scheint nur noch unseren Schaukampf mitzuverfolgen.

John ist der unumstrittene Provinzfürst und hier, wenn man einmal von dem Lärm absieht, ganz in seinem Revier. Das zeigt er freilich auch mit jeder etwas zu sehr einstudierten Geste. Und schon deshalb erwidere ich trocken während er sich so demonstrativ wohlzufühlen scheint – dass ich abgesehen vom italienischen Roten noch nicht sehr überzeugt bin was ich bislang gesehen habe. Und er zeigt prompt jenen gequälten Gesichtsausdruck den ich goutiere. Nur damit Bewegung in die Sache kommt schlage ich vor noch einen Grappa zu nehmen.

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[Coburg Street, Cork]

Viel später, im Sin é in der Coburg Street, einer Kneipe, die ich seinem verkrampften Repertoire so gar nicht zugetraut hätte, und während der Sänger mich mit „she’s got everything she needs, she’s an artist“ aus der die Tage so sorgsam behüteten Bahn zu werfen droht, gesteht John mir in dem blechernen weinerlichen Ton, den nur rechtschaffen Betrunkene zu beherrschen scheinen, dass sein Leben irgendwo bitterböse feststeckt zwischen halbbezahlter Vorstadtvilla, drei missratenen Kindern und einer verhärmten Ehefrau mit der sich keine Gemeinsamkeiten mehr finden. Ruckartig beugt er sich zu mir herüber, jegliche Konvention zwischenmenschlichen Abstand betreffend missachtend und raunt mir mühsam lallend mit glasigen Augen ins Ohr: „I am fuckin pissed, see ya“, erhebt sich umständlich und wankt wie ein schwermütiger Tanzbär, dem vorschnell die Freiheit versprochen wurde, zu seinem fetten schwarzen Dienstwagen, den er in dieser Nacht nicht ohne erhebliche Kratzer nach Hause bringen wird.

Warum vertrauen mir solche Typen immer wieder solche Dramen vom menschlichen Scheitern durch Erfolg an? „Manchmal“, so werde ich zwei Beamisch später zu Eamon, dem in die Jahre gekommenen grauhaarigen Sänger aus Chicago sagen, „manchmal sehnen sich Menschen nach all dem was sie zurückgelassen haben um erfolgreich zu sein.“ Und wie zwei sehr alte Männer hängen wir düster den Worten nach, wer hätte schliesslich noch nichts Nennenswertes zurückgelassen?

Und dann ist er wieder auf die Bühne gegangen und hat für meinen Geschmack etwas zu nachdenklich-zögerlich „it all everything is all right“ angestimmt und mir dabei zugezwinkert, nachdem er sehr launisch den zweiten Live-Block eingestimmt hat mit der Aufforderung “we do not care for amusement, help yourself”. Ich reime mir hastig ridikül noch was fürs Karmakonto, winke Eamon freundschaftlich zum Abschied und er singt zurck „It ain’t home till you take the wheels off“. Da trolle ich mich doch besser grübelnd fort in die feuchtkalte Dämmerung.

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Seit langen das beste...
Seit langen das beste Gedicht was ich gelesen habe....
Laura Kinderspiel - 12. Nov, 11:30
wow..
..echt "hot" diese Sonnenblumen.. seit langem die beste...
jump - 6. Sep, 11:53
Danke
Danke
huflaikhan - 28. Aug, 08:25
Ich mag sowas ja sehr...
Ich mag sowas ja sehr gerne lesen, vor allem richtig...
huflaikhan - 26. Dez, 16:15
Hatschi
... ok, bin wieder auf dem Boden der Tatsachen.. ;-)
jump - 17. Dez, 19:18
So weit!
Ja genau, also doch schon gar sooo weit ;-).
BusterG - 17. Dez, 00:26
Das ist in der Nordeifel:...
Das ist in der Nordeifel: Heimbach in Nebel und Sonnenschein.
BusterG - 17. Dez, 00:24
Geschätzte Wassertemperatur:...
Geschätzte Wassertemperatur: ca zwei Grad, also vielleicht...
BusterG - 17. Dez, 00:23
Danke
Danke
BusterG - 17. Dez, 00:21
Natürlich ist das ...
... AUCH an Dich gewandt. Ich würde doch sonst nicht...
BusterG - 17. Dez, 00:21

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